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Politik: Runter mit der Zwangsjacke

Der britische Oppositionsführer bleibt EU-kritisch – und Blair locker

„Ein Experte“, sagt Oscar Wilde, „ist jemand, der Rat gibt, wo er nicht zu Hause ist“. Am Donnerstagabend äußerten sich in Berlin fast gleichzeitig der britische Premier und der britische Oppositionsführer dazu, wie es mit Europa weitergehen solle. Tony Blair sagte nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, es gehe nicht darum, ein EU-Triumvirat aus Deutschland, Großbritannien und Frankreich zu schaffen. In der erweiterten Union sei es jedoch unmöglich, alle Fragen mit allen 25 Mitgliedern zu diskutieren. Niemand solle von der engen Zusammenarbeit zwischen den größten Ländern ausgeschlossen werden, sagte Blair. Der Premier war zur Vorbereitung des Dreier-Gipfels mit Jacques Chirac am kommenden Mittwoch nach Berlin gereist. Für Blair bedeuten beide Treffen auch eine Wiederannäherung an ein durch den Irakkrieg gespaltenes Europa.

Der neue Oppositionsführer Michael Howard gab dagegen auf seiner ersten großen Auslandsreise einen anderen Rat als Blair: Er sprach sich vor der Konrad-Adenauer-Stiftung für eine flexiblere Zusammenarbeit in Europa aus, anstelle der „Zwangsjacke der Einheitlichkeit“. Howard plädierte für einen „New Deal for Europe“, der auf dem einfachen Grundsatz basiere: „Leben und leben lassen“. Auch ein Europa der zwei Geschwindigkeiten lehne er ab, schließlich wolle er einige der Ziele der EU-Mitglieder weder langsam noch schnell erreichen. Dazu gehöre auch die europäische Verfassung.

Der Tory-Führer räumte ein, dass sich seine Vision durchaus von der Haltung der CDU zu Europa unterscheide. Zuletzt war in der konservativen Fraktion im EU-Parlament Kritik an der euroskeptischen Haltung der britischen Mitglieder laut geworden. Die Fraktion wolle die Zusammenarbeit aber nach den Wahlen im Juni fortsetzen.

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