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Der türkische Präsident Erdogan und sein russischer Kollege Putin haben sich in Ankara getroffen.

© Adem Altan/AFP

Update

Russisch-türkischer Gipfel: Erdogan und Putin stellen bei Treffen Gemeinsamkeiten heraus

Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin stellen bei einem Treffen die Gemeinsamkeiten heraus. Doch ihre langfristigen Interessen liegen weit auseinander.

So herzlich wie Wladimir Putin wird derzeit kein Staatsmann in Ankara empfangen. Als der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan seinen russischen Kollegen am Dienstag in seinem Palast traf, stand eine Feierstunde für die türkisch-russischen Beziehungen an. Per Videoschaltung nahmen die beiden Präsidenten an der Grundsteinlegung für das erste Atomkraftwerk der Türkei teil. Es wird mit russischer Hilfe in Akkuyu am Mittelmeer gebaut. Auch bei einem Gipfeltreffen von Erdogan und Putin mit dem iranischen Präsidenten Hasan Ruhani zum Thema Syrien werden an diesem Mittwoch vor den Kameras die Gemeinsamkeiten herausgestrichen werden. Doch hinter den Kulissen zeichnet sich Streit ab.

Die Türkei, Russland und der Iran bilden in Syrien eine Allianz, die vom angekündigten Rückzug der USA aus dem Bürgerkriegsland erheblich profitieren könnte. Bei ihrem Gipfeltreffen wollen die drei Präsidenten in Ankara über eine neue Verfassung für Syrien und über den Ausbau der sogenannten „Deeskalationszonen“ sprechen. Diese sollen ein Ende der Kämpfe und eine Rückkehr der Zivilbevölkerung ermöglichen.

Alle drei Partner profitieren von ihrer Zusammenarbeit. Russland kann als führende Militärmacht in Syrien einen Keil zwischen die Nato-Partner Türkei und USA treiben. Bei einer Pressekonferenz mit Erdogan am Dienstag sagte Putin, der Kauf des russischen Reketenabwehrsystems S-400 durch die Türkei solle beschleunigt werden; Erdogan betonte, auch andere Rüstungsgeschäfte seines Landes mit Russland seien möglich.

Die Türkei erhielt von Russland grünes Licht für ihre Intervention gegen die Kurden im Norden Syriens. Ohne Zustimmung der Russen hätte Ankara nicht einmal eine Drohne nach Syrien schicken können, sagte ein Erdogan-Berater vor einigen Tagen.

Nach der Einnahme der nordwestsyrischen Stadt Afrin richtet sich der Blick der Türken jetzt auf die weiter östlich gelegene Stadt Manbidsch, in der neben kurdischen Kämpfern auch US-Soldaten stationiert sind. Der Iran will sich mit der Entsendung von Truppen und Milizen in den syrischen Krieg und der Beteiligung an der Troika ein Mitspracherecht bei Entscheidungen über die Zukunft Syriens sichern.

Es gibt kaum wirklich gemeinsame Interessen

Die langfristigen Interessen der drei Syrien-Partner liegen allerdings weit auseinander. Der türkische Einmarsch in Nordsyrien ist weder den Russen noch den Iranern recht. Erdogan, Chef eines vorwiegend sunnitischen Staates, misstraut der schiitischen Regionalmacht Iran. Putin will den syrischen Präsidenten Baschar al Assad im Amt halten, was wiederum von Erdogan abgelehnt wird.

Bisher ist es Ankara, Moskau und Teheran gelungen, die Differenzen zurückzustellen. Nun aber treten die Meinungsverschiedenheiten nach der militärischen Niederlage des „Islamischen Staates“ (IS) stärker hervor. Die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die rund 2000 in Syrien stationierten US-Soldaten bald abziehen zu wollen, heizt die Konkurrenz weiter an. Bisher gilt eine Vereinbarung, nach der Russland die syrischen Landesteile westlich des Euphrat beherrscht und die USA im Osten des Stroms bis zur irakischen Grenze das Sagen haben. Wenn sich die Amerikaner zurückziehen, stellt sich die Frage, welche Macht in dieser Region bestimmen wird.

Deshalb wurden bereits vor dem Gipfel die ersten Nörgeleien publik. Von iranischer Seite hieß es, die türkische Intervention in Nordsyrien müsse ein Ende haben. Moskau spielt mit dem Gedanken an „autonome Zonen“ für diverse Regionen. Die wären für die Türkei ein Alptraum: Erdogan hat seine Soldaten mit dem Auftrag nach Syrien geschickt, eine kurdische Autonomie zu verhindern.

Unterdessen ließ die türkische Regierung vor dem Dreier-Gipfel durchsickern, dass sie von Russland eine stärkere Kontrolle Assads erwartet. Die Offensive der syrischen Regierungstruppen in Ost-Ghouta hat Ankara scharf kritisiert. Auch in der Frage nach der Zukunft Assads gibt es keine Einigung. Russland und der Iran sind die wichtigsten Partner des syrischen Präsidenten, während Erdogan ein Gegner des Staatschefs in Damaskus ist.

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