zum Hauptinhalt
Update

Russische Punkband: Westerwelle kritisiert Urteil gegen "Pussy Riot" scharf

Die Mitglieder der Band "Pussy Riot" müssen wegen Rowdytums für zwei Jahre in Lagerhaft. Der umstrittene Prozess war von weltweiten Protesten begleitet. Außenminister Guido Westerwelle äußert nun heftige Kritik an dem Urteil.

Die Musikerinnen der russischen Punk-Band Pussy Riot müssen für zwei Jahre in Lagerhaft. Ein Moskauer Gericht hat die drei Mitglieder der russischen Punkband Pussy Riot nach ihrem Protest gegen Kremlchef Wladimir Putin in einer Kirche wegen Rowdytums aus religiösem Hass schuldig gesprochen.

Richterin Marina Syrowa warf den Angeklagten vor, mit ihrem Protest in der Erlöserkathedrale in Moskau am 21. Februar die Gefühle der Gläubigen auf das Gröbste verletzt zu haben. Die Künstlerinnen hatten dort ein Punkgebet gegen Putin aufgeführt. Insgesamt hatten die Ermittler 3000 Seiten Unterlagen zu dem etwa einminütigen Gebet zusammengetragen.

Die Staatsanwaltschaft hat für die Künstlerinnen Nadeschda Tolokonnikowa (22), Maria Aljochina (24) und Jekaterina Samuzewitsch (30) drei Jahre Gefängnis beantragt, die Verteidigung Freispruch. Die Anwälte von Pussy Riot wollen das Urteil in der nächsten Instanz anfechten. Vor dem Gericht protestierten Anhänger gegen den Schuldspruch.

Außenminister Guido Westerwelle kritisierte das Urteil scharf. "Das harte Urteil steht in meinen Augen in keinem Verhältnis zur Aktion der Musikgruppe", sagte Westerwelle dem Tagesspiegel. Er sei "besorgt darüber, welche Auswirkungen die Strafe gegen die drei Musikerinnen für die Entwicklung und Freiheit der russischen Zivilgesellschaft insgesamt hat". Engagierte Bürger und Künstler und ihre Freiheit, sich zu artikulieren, sollten Teil jeder lebendigen demokratischen Gesellschaft sein, auch in Russland, sagte der deutsche Außenminister.

Video: Gericht - Pussy Riot schuldig

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte den Schuldspruch gegen die russische Punkband Pussy Riot. „Das Urteil ist nicht nur der Versuch, die drei jungen Frauen zum Schweigen zu bringen“, sagte Amnesty-Expertin Friederike Behr am Freitag in Berlin. „Es soll auch eine Warnung an alle anderen sein, die es wagen, Präsident Wladimir Putin und seine Regierung zu kritisieren.“

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, machte Kreml-Chef Wladimir Putin für das Urteil verantwortlich. „Das ist Putins Prozess gewesen. Es ist Putins Urteil. Und es ist ein Urteil, das jeder Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hohnspricht“, sagte der CDU-Politiker am Freitag in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Bildergalerie: Die weltweiten Proteste gegen den Prozess

Polenz wertete die jeweils zweijährigen Haftstrafen für die drei Musikerinnen auch als Beweis dafür, „dass Putins Russland verunsichert ist“. Mit dem Urteil solle die Opposition abgeschreckt werden. Diese Rechnung werde aber nicht aufgehen. Für alle, die sich über Putin noch Illusionen gemacht hätten, bedeute dies eine „Ernüchterung“. „Das wird auch auf das Bild, das sich die Deutschen von Putin machen, wie ein realistischer Schock wirken.“

Der CDU-Politiker appellierte an die Europäische Union, ihr Verhältnis zu Russland zu überdenken und „gemeinsam eine Antwort zu finden. „Russland möchte eine Modernisierungspartnerschaft mit dem Westen. Darauf ist das Land existenziell angewiesen“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses. „Die EU muss nun deutlich machen, dass wirkliche Modernisierung ohne Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nicht gelingen wird.“

In Deutschland zeigten sich am Freitag Demonstranten solidarisch mit der russischen Punkband. In Berlin kamen rund 200 Menschen mit bunten Strickmasken und Plakaten vor der russischen Botschaft zusammen. Etwa 100 Sympathisanten protestierten in Hamburg gegen die Inhaftierung der drei kremlkritischen Sängerinnen.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte bei der Kundgebung in Berlin, der Fall Pussy Riot zeige, dass Russland „kein demokratisches Land ist, das eine künstlerische Provokation aushält“. Für den Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), ist Russland „ein Land auf dem Weg, immer unfairer zu werden“. Es sei kein Zeichen von Stärke, Menschen einzusperren. (Reuters/dapd/dpa)

, ,

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false