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Politik: Russland erzwingt von der Ukraine höhere Gaspreise

Merkel bereitet Energiegipfel für März vor Bundesregierung bleibt beim Atomausstieg

Moskau/Berlin - Auf massiven Druck der Europäischen Union haben Russland und die Ukraine ihren Gas-Streit beigelegt, der in Deutschland eine Debatte über die künftige Energieversorgung und den Atomausstieg ausgelöst hat. Russisches Gas werde künftig für 230 Dollar je 1000 Kubikmeter an einen Zwischenhändler verkauft, der es gemeinsam mit billigerem Gas aus Zentralasien zum Preis von 95 Dollar an die Ukraine verkaufe. Die Details der komplexen Kalkulation blieben unklar. Bislang zahlte die Ukraine 50 Dollar. Am Neujahrstag hatte Russland der Ukraine den Gashahn abgedreht, um den nahezu fünffachen Preis zu erzwingen.

Bei einem Empfang des Gasprom-Chefs Alexej Miller sagte Russlands Präsident Wladimir Putin, die Beziehung mit Kiew sei auf eine neue Grundlage gestellt worden. Beide Länder hätten stabile Bedingungen für russische Gaslieferungen nach Europa für viele Jahre geschaffen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die übernächste Woche nach Russland reist, sowie Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und die EU begrüßten die Einigung. Der Konflikt sei ein Anlass, „grundsätzlich darüber nachzudenken, wie wir unsere Energieversorgung längerfristig stärker mit in Deutschland verfügbaren Energiequellen sicherstellen können“, sagte Glos, der den Atomausstieg in Frage gestellt hatte. Nach der Einigung in Moskau gebe es keine Eile, Beschlüsse über längere Laufzeiten für Atomkraftwerke zu fassen, sagte er nun.

Merkel ließ erkennen, dass der Atomausstieg für sie Bestand hat. „Der Koalitionsvertrag lässt an dieser Stelle nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig“, sagte Regierungssprecher Thomas Steg. Union und SPD seien wegen unterschiedlicher Auffassungen übereingekommen, dass an der Regelung nichts verändert werde.

Der parlamentarische Staatssekretär im Umweltministerium, Michael Müller (SPD), warf Glos vor, die Angst vor einem Engpass beim Gas für eine „falsche Debatte“ zu missbrauchen. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will seine Linie für die künftige Energieversorgung am heutigen Donnerstag vorstellen. Konflikte zwischen Wirtschafts- und Umweltministerium gab es auch in der alten Bundesregierung regelmäßig, etwa bei der Förderung von Windkraft und Solarenergie.

Die Vorbereitungen für den Energiegipfel, den Merkel bis Ende März abhalten will, stecken noch in den Anfängen. Ein Grund ist, dass die Posten der zuständigen Abteilungsleiter im Kanzleramt unbesetzt sind. Nach Tagesspiegel-Informationen aus Regierungskreisen übernimmt Ulrich Roppel, bisher Direktor der Bundesknappschaft, am Montag die Abteilung, die auch für Umweltfragen zuständig ist. Der Abteilungsleiter Wirtschaft und Finanzen ist noch nicht gefunden. „Die Gespräche laufen noch“, hieß es.

Nach Glos stellte auch CSU-Chef Edmund Stoiber den Atomausstieg in Frage. „Darüber muss man reden können, ohne einen Koalitionsstreit heraufzubeschwören“, sagte der bayerische Ministerpräsident. Es gehe um eine längere Nutzung der sicheren deutschen Atomkraftwerke, ergänzte Stoiber.

Seiten 2 und 15

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