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© AFP

Russland: EU verlangt Aufklärung des Moskauer Doppelmords

Nach dem Moskauer Doppelmord an einem Menschenrechtsanwalt und einer Journalistin hat die EU-Kommission die unverzügliche Aufklärung des Verbrechens gefordert. Die Polizei hat noch keine Spur vom Täter.

Die Europäische Kommission sei „schockiert über diesen Vorfall“, sagte der Sprecher von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso am Mittwoch. Zuvor hatte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier von den russischen Behörden eine rasche Aufklärung der Morde verlangt.

Der Anwalt Stanislaw Markelow und die Journalistin Anastassija Baburowa waren am Montag am helllichten Tag auf einer belebten Straße im Stadtzentrum niedergeschossen worden. Markelow war sofort tot. Die Journalistin starb kurz darauf im Krankenhaus. Die Polizei tappt im Dunkeln. Es hätten sich zunächst keine Zeugen gemeldet. Eine weiter entfernt angebrachte Videokamera habe die Tat gefilmt, sagte der Moskauer Polizeichef Wladimir Pronin. Die Aufzeichnung zeige einen etwa 1,80 Meter großen Mann mit einer Maske. Markelow hatte sich für die Aufarbeitung von Verbrechen an Zivilisten in Tschetschenien eingesetzt. Zu seinen Klientinnen gehörte auch die 2006 ermordete Journalistin Anna Politkowskaja.

Der 34-jährige Anwalt war spezialisiert auf die Verteidigung von Menschenrechtlern. Er vertrat auch die Familie der 18-jährigen Tschetschenin Elsa Kungajewa, die 2000 von dem russischen Offizier Juri Budanow ermordet wurde. Zu zehn Jahren verurteilt, wurde dieser am vergangenen Donnerstag vorzeitig aus der Haft entlassen. Markelow hatte diesen Beschluss angefochten. Am Montag kündigte er in einer Pressekonferenz an, den Fall Budanow gegebenenfalls vor ein internationales Gericht zu bringen. Wenig später wurde der Anwalt erschossen.

Anastasia Baburowa, die ihn begleitende 25-jährige Journalistin, die auch an einem Kopfschuss starb, schrieb über rechtsextreme Jugendorganisationen und war freie Mitarbeiterin der regimekritischen „Nowaja Gaseta“, für die auch Politkowskaja gearbeitet hatte. Chefredakteur Dmitri Muratow warf der russischen Regierung vor, zu den beiden Morden zu schweigen. Politiker aus anderen Ländern hätten die Taten verurteilt, sagte Muratow am Mittwoch in Berlin. „Warum haben unsere Politiker keine Zeit gefunden, dazu etwas zu sagen?“

Insgesamt wurden in Russland nach Angaben des New Yorker „Komitees zum Schutz von Journalisten“ in den vergangenen neun Jahren 16 Journalisten ermordet, nur in einem Fall kam es zu einer Verurteilung. Die Auftraggeber seien nie zur Rechenschaft gezogen worden, kritisierte Muratow. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ spricht von einem „Klima der Straflosigkeit“ in Russland. Ähnlich sieht das auch Unions-Fraktionsvize Andreas Schockenhoff: „Es entsteht der Eindruck, dass die mangelnde Strafverfolgung derartiger Morde politisch gedeckt oder zumindest hingenommen wird“, kritisierte er. Zu den Aussichten, dass die jüngsten Morde aufgeklärt werden, sagte Muratow: „Die Staatsmacht kann den Fall lösen, wenn sie das will.“

Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft muss davon ausgegangen werden, dass die Tatmotive mit der „beruflichen Tätigkeit“ der Opfer zu tun hätten. Ähnlich sehen das auch das Moskauer Anwaltskollegium und der russische Journalistenverband. Dessen Führung will nun eigene Ermittlungen aufnehmen.

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