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Russland: Geiselnehmer von Beslan zu lebenslanger Haft verurteilt

Fast zwei Jahre nach dem Terroranschlag auf die Schule der russischen Stadt Beslan ist der einzige überlebende Geiselnehmer zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Im Gerichtssaal kam es zu Tumulten.

Moskau - Der tschetschenische Angeklagte Nurpaschi Kulajew sei des Terrorismus, des mehrfachen Mordes und des Mordversuchs an Sicherheitskräften schuldig, befand das Oberste Gericht der Teilrepublik Nordossetien am Freitag in Wladikawkas.

«Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass Kulajew wegen seiner Verbrechen die Todesstrafe verdient hätte», sagte der Richter Tamerlan Agusarow nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax. Doch wegen der Aussetzung der Todesstrafe in Russland verhänge das Gericht lebenslange Haft als höchstmögliche Strafe. Bei der Geiselnahme in Beslan im September 2004 waren 331 Opfer getötet worden, davon 186 Kinder. Nach offiziellen Angaben töteten Sicherheitskräfte 31 Terroristen, nur Kulajew wurde lebend gefasst.

Hinterbliebene der Opfer stürmten auf den Verurteilten ein, so dass dessen Kommentar zu dem Urteil fast unterging. «Das ist alles reine Erfindung», sagte der nach unterschiedlichen Angaben 23 oder 25 Jahre alte Tschetschene. Er hatte im Prozess zwar gestanden, einer der Geiselnehmer gewesen zu sein. Er habe aber niemanden getötet.

«Und so einer atmet noch die gleiche Luft ein wie wir!», empörte sich die Ex-Geisel Anita Dagijewa über das ihrer Ansicht nach zu milde Urteil. Auch der Rat der Ältesten im Nordkaukasus sowie islamische Geistliche in Wladikawkas forderten, dass Kulajew hingerichtet werden solle. Die Anklage hatte die Todesstrafe gefordert. Er sei aber mit dem Urteil zufrieden, weil die höchstmögliche Strafe verhängt worden sei, sagte Vize- Generalstaatsanwalt Nikolai Schepel in Wladikawkas.

Gleichzeitig erneuerten die Hinterbliebenen ihre Kritik, dass in dem Prozess gegen Kulajew das Versagen der Sicherheitskräfte bei dem Drama verschleiert worden sei. Bei dem stundenlangen Gefecht am 3. September 2004 hätten Soldaten mit Flammenwerfern und Panzern auf die Schule geschossen, obwohl dort noch Geiseln waren, schloss der oppositionelle Parlamentsabgeordnete Juri Saweljew aus eigenen pyrotechnischen Untersuchungen. Diese Angaben verzögerten erneut die Veröffentlichung eines offiziellen Berichts der russischen Parlamentskammern zu Beslan, berichtete die Zeitung «Kommersant».

Die Überlebenschancen Kulajews in Einzelhaft werden in der russischen Öffentlichkeit als gering eingeschätzt. Der Ende 2001 zu lebenslang verurteilte tschetschenische Rebellenführer und Geiselnehmer Salman Radujew war ein Jahr später in Haft gestorben. (tso/dpa)

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