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Politik: „Russland muss sich vor Europa verantworten“ Moldaus Außenminister über Konflikte mit Moskau und die Sehnsucht seines Landes nach Europa

Herr Stratan, Sie sind Moldaus Minister für auswärtige Angelegenheiten und europäische Integration. Bräuchte Ihr Land nicht auch einen Minister für verbesserte Beziehungen zu Russland?

Herr Stratan, Sie sind Moldaus Minister für auswärtige Angelegenheiten und europäische Integration. Bräuchte Ihr Land nicht auch einen Minister für verbesserte Beziehungen zu Russland?

(lacht) Der Name ist schon richtig. Geografisch gehören wir zu Europa, politisch möchten wir zur Europäischen Union dazugehören. Dass wir gute Beziehungen zu allen Ländern pflegen möchten, ist ebenso klar – Russland selbstverständlich eingeschlossen. Die einzige große Meinungsverschiedenheit, die es zwischen uns und Moskau noch gibt, betrifft den Transnistrien-Konflikt. Wenn es um Transnistrien geht, …

… die abtrünnige Region im Osten Ihres Landes …

dann ist auch dieser Konflikt aus meiner Sicht lösbar.

Fast zwei Jahre lang hat Russland keinen moldauischen Wein ins Land gelassen. Jetzt sollen die Lieferungen wieder anlaufen. Was konnten Sie Moskau politisch anbieten, damit der Weinkrieg zu Ende geht?

Politisch haben wir gar nichts angeboten. Russland wurde nur gebeten, die Außenhandelsverpflichtungen unserem Land gegenüber einzuhalten: Moldau ist Mitglied der Welthandelsorganisation WHO. So wie zuletzt konnte es ja auch nicht weitergehen: An vielen Weinfabriken in unserem Land sind auch russische Unternehmer beteiligt, selbst die waren vom Exportstopp betroffen. Ein Gutes immerhin hat die Sache gehabt: Viele Unternehmen waren gezwungen, auch andere Märkte zu erobern. Moldauischer Wein wird inzwischen in mehr als 40 Ländern der Welt getrunken.

Transnistrien bleibt Zankapfel zwischen Chisinau und Moskau. Sehen Sie Bewegung in diesem Streit?

Es gibt Fortschritte, und dafür war es gut, dass sich die Europäische Union und die USA in die Verhandlungen mit der OSZE, der Ukraine, Russland, Transnistrien und Moldau eingeschaltet haben. Die Welt hat sich bewusst gemacht, dass es hier nicht um einen internen Konflikt geht. Vom Schmuggel, Waffenproduktion, Menschen- und Drogenhandel in Transnistrien geht eine Gefahr nicht nur für die Region, sondern für ganz Europa und darüber hinaus aus. Dabei handelt es sich überhaupt nicht um einen ethnischen Konflikt: Auf beiden Seiten des Flusses Djnestr lebt dasselbe Volk. Russland hat sich jetzt vor ganz Europa zu verantworten: Warum hat es seine Munitionsvorräte und Truppen vom Territorium der Republik Moldau nicht längst abgezogen?

Viele Moldauer arbeiten im Ausland. Droht Ihr Land auszubluten?

Wir Moldauer sind ein warmherziges Volk, und in Europa stören wir niemanden. Wir erleben heute Migrationsprozesse, wie sie andere Länder – etwa in Zentraleuropa und auf dem Balkan – auch erleben oder früher schon erlebt haben. Von diesen Ländern wollen wir jetzt lernen, unser Land für unsere Bürger attraktiver zu machen. Die Moldauer sollen das Geld, das sie im Ausland verdient und erspart haben, bei uns investieren.

Seit dem EU-Beitritt Ihres Nachbarlandes Rumänien hat sich das Problem verschärft. Viele Moldauer haben inzwischen einen Zweitpass.

Die Auswanderungswelle ist uns nicht egal. Doch das Recht auf doppelte Staatsbürgerschaft ist in unserer Verfassung verankert. Wenn die Bürger nur so Reisefreiheit erlangen können, werden sie das nutzen. Wichtig ist deshalb, dass es Erleichterungen bei der Visaerteilung und bei den Grenzkontrollen gibt. Deswegen werden wir mit der EU über die Reisefreiheit von moldauischen Bürgern mit moldauischem Pass im europäischen Raum verhandeln.

Das Gespräch führte Matthias Meisner.

Andrei Stratan (41) ist seit drei Jahren

Außenminister und

Vizepremier der

Republik Moldau.

Regierungspartei

in der früheren

Sowjetrepublik sind die Kommunisten

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