zum Hauptinhalt
Putin

© AFP

Russland: Putin, der Chef im Kraftraum

Der neue Regierungschef hält Hof: Für Wladimir Putin wird in Moskau umgebaut. Er bekommt ein Fitness-Center - und mehr Kompetenzen.

Der Speisesaal im sechsten Stock des Moskauer Weißen Hauses, wo die Regierung residiert, kann es nach der Renovierung gut und gerne mit einem Fünf- Sterne-Restaurant aufnehmen. Gewöhnlichen Sterblichen soll das neue Gourmet-Paradies künftig verschlossen bleiben. In dem reichlich kitschigen Ambiente wird Russlands neuer Regierungschef Hof halten: Wladimir Putin. Eigens und nur für ihn wird auch eine Zimmerflucht unmittelbar neben seinem Büro zum Fitness-Center umgebaut.

Nie zuvor trieben russische Regierungschefs, die laut Verfassung nur Beamte, nicht Politiker sind, einen derartigen Aufwand. Allein schon dadurch sehen sich jene Beobachter bestätigt, die glauben, Putin werde auch nach der Schlüsselübergabe an Dmitri Medwedew am 7. Mai das Heft in der Hand behalten. Und sie verweisen auf Pläne für die künftige Konfiguration der Macht, an denen seit Mitte März einer der getreuesten Paladine Putins arbeitet: Igor Schuwalow, Vizechef der Kremladministration.

Über Einzelheiten der von Schuwalow geplanten „qualitativ neuen Exekutive“ berichtete die „Nesawissimaja Gaseta“. So soll die Anzahl der Vizepremiers auf fünf erhöht werden. Einer der stellvertretenden Regierungschefs soll künftig die Tätigkeit der sogenannten Machtministerien koordinieren: Inneres, Verteidigung und Geheimdienste. Deren Chefs sind momentan dem Präsidenten direkt unterstellt. Das, so das Blatt, mache deutlich, dass Putin als Premier einen Teil der Kompetenzen des Staatschefs übernimmt und Medwedew sich daher vorerst mit einer Nebenrolle abfinden müsse.

Darauf deutet auch hin, dass Putin, wie das Blatt weiter meldet, seinen persönlichen Büroleiter Igor Setschin zum Chef des Apparates der Regierung und damit de facto zu seinem Planungschef machen will. In dieser Eigenschaft solle er vor allem Medwedew kontrollieren. Setschin, den Putin schon aus gemeinsamen Zeiten beim KGB kennt und der von diesem zum Aufsichtsratschef beim staatlichen Ölkonzern Rosneft ernannt wurde, soll unter anderem die Jukos-Affäre eingefädelt haben. Als inoffizieller Vormann der Ex-Tschekisten in Putins Petersburger Landsmannschaft war er der eigentliche Antipode Medwedews, dem eher liberale Ansichten nachgesagt werden.

Sie auszuleben dürfte auch daran scheitern, dass die Personalabteilungen von Kremladministration und Regierung zusammengelegt und Setschin unterstellt werden sollen. Wie die „Nesawissimaja“ schreibt, ist mit umfangreichen Umbesetzungen zu rechnen. Demzufolge soll Schuwalow, der gegenwärtig die Machtstrukturen reorganisiert, neuer Chef des Präsidentenamtes werden. Sergej Sobjanin, der das Amt bis Dezember innehatte und sich dann beurlauben ließ, um Medwedews Wahlkampfstab zu leiten, ist als neuer Oberbürgermeister von Moskau im Gespräch. Und Sergej Iwanow, Medwedews glückloser Rivale beim Gerangel um die Nachfolge Putins, soll auf den einflusslosen Posten eines Sekretärs des Nationalen Sicherheitsrates abgeschoben werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false