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Russland: Ziel erreicht

Der Kreml wertet den Waffengang auch politisch als Erfolg. Mittelfristig wird Moskau damit recht behalten - langfristig könnte er Russland aber schaden. Eine Verschlechterung des Verhältnisses zur Nato ist jedenfalls gewiss.

Der Kreml zieht Bilanz. Während die russischen Truppen am Montag mit dem Abzug aus Georgien beginnen sollten, versuchten kremlnahe Analysten den militärischen und politischen Erfolg des Waffengangs in Südossetien herauszustellen. Tatsächlich dürfte diese Bilanz für Russland kurz- und mittelfristig positiv ausfallen, die Langzeitfolgen jedoch umso verheerender sein. Wirtschaftlich hat der Krieg im Südkaukasus Russland ganz offensichtlich nicht geschadet. Im Gegenteil: Seit der Waffenruhe sind die Börsen in die Höhe geschossen. Selbst erklärte Regimegegner wie der Publizist Pawel Felgenhauer, der in der kritischen „Nowaja Gaseta“ Moskau die Hauptschuld an der Eskalation des Konflikts zum heißen Krieg anlastete, musste zugeben, dass Kreml und Regierung bei dessen Planung „auch nicht ein einziger Fehler“ unterlaufen ist. Der Fünf-Tage-Krieg hat die politischen und gesellschaftlichen Gräben in Russland kurzzeitig zugeschüttet. Medwedew wie Putin dürften in überschaubaren Zeiträumen ihre hohen Zustimmungsraten halten. Dadurch wiederum wird auch die innenpolitische Stabilität auf dem gegenwärtig hohen Niveau verharren.

Für Moskau war wichtig, den eigenen Bürgern und dem Rest der Welt vorzuführen, dass in Südossetien eine andere Armee kämpfte als in den beiden Tschetschenienkriegen: Willens und in der Lage, die Interessen Russlands auch außerhalb der Landesgrenzen durchzusetzen. Mit minimalen Verlusten an Menschen und Material.

Aufgehen könnte zudem die Rechnung des Kreml, wonach Georgiens militärische Niederlage einen Machtwechsel in Tiflis nach sich ziehen wird. Kurzfristig dürften sich dabei zwar keine Mehrheiten für eine pro-russische Regierung finden, wohl aber für eine, die eine neutrale Außenpolitik betreibt.

Russlands Verhältnis zur Nato wird sich verschlechtern

Der Krieg offenbarte allerdings auch das Misstrauen gegenüber Moskau innerhalb der UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS. Selbst aus dem sonst linientreuen Weißrussland kamen keine Solidaritätsbezeugungen. Die Ukraine stellte sich sogar offen hinter Georgien. Die ehemaligen Sowjetrepubliken fürchten offenbar, Südossetien könnte für Moskau als Präzedenzfall herhalten, wenn es gilt, die Interessen ethnischer Russen zu schützen. Dabei geht es um immerhin 25 Millionen Menschen, von denen die Mehrheit einen russischen Pass hat. Moskaus frühere Vasallen suchen daher nicht Sicherheit mit, sondern eher vor Russland. Vor allem die Ukraine, mit ihrer großen russischen Minderheit im Osten und auf der Krim, dürfte ihre Bemühungen um einen Beitritt zur Nato eher noch verstärken. Das Verhältnis Russlands zur Nato – und damit auch zu den USA – wird sich damit zwangsläufig weiter verschlechtern.

Der Kreml, so glauben Beobachter, nimmt dies bewusst in Kauf, zumal eine Neuauflage der Blockkonfrontation Russland eine willkommene Rechtfertigung für die Befestigung seiner Südflanke liefert. Dies betrifft vor allem den öl- und gasreichen Transkaukasus, wo Moskau und Washington sich einen knallharten Verdrängungswettbewerb liefern. Die bisherige Begrenzung der Einflusssphären hat sich durch Russlands Moratorium für die Erfüllung der KSE-Abkommens zur Begrenzung konventioneller Streitkräfte in Europa seit Dezember 2007 erledigt.

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