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Politik: Sachlich, gründlich, lautlos

Die Arbeit der Regierung in Hannover gilt als harmonisch – als Opposition tut sich die SPD schwer

Manchmal, wenn die Regierungsarbeit allzu harmonisch zu werden droht, verlauten aus der niedersächsischen FDP schon mal Rufe nach „mehr Profil“. Doch dass dies zur ernst zu nehmenden Verstimmung ausarten könnte, glaubt niemand in Hannover. Denn nach rund 150 Tagen in der Regierung wirken Christ- und Freidemokraten wie ein seit Jahren eingespieltes Team. Wenig trübt die gute Laune am Kabinettstisch.

Man merkt beiden Regierungsparteien in Niedersachsen immer noch die Erleichterung und Zufriedenheit an, die mit dem Wahltag am 2. Februar Einzug gehalten haben. CDU und FDP freuen sich, nach 13 Jahren der SPD-Regierung wieder bestimmen zu können in dem Bundesland. Dass es zwischen beiden bisher gut klappt, liegt wohl auch an den Charakteren der Spitzenpolitiker.

FDP-Vorsitzender ist Walter Hirche, ein Mann mit langer politischer Erfahrung. Sein persönlicher Ehrgeiz hält sich nach der langen Arbeit als Minister in Hannover und Potsdam, Parlamentarischer Staatssekretär in Bonn und Bundestagsabgeordneter in Berlin in Grenzen. Hirche will in erster Linie gute Facharbeit als Minister machen – und er wird deshalb auch als Autorität geschätzt. Zum Stil Hirches, der sachlich, gründlich und oft auch lautlos arbeitet, passt die Eigenart von Ministerpräsident Christian Wulff. Der Regierungschef mag die grellen Zuspitzungen nicht, er wägt sorgfältig ab. Es ist nicht seine Art, mit einer provokanten Botschaft vorzupreschen.

Die Regierung hat es bisher gut verstanden, mögliche Streitfragen frühzeitig zu entschärfen. Als es vor wenigen Wochen beispielsweise um das Vorziehen der Steuerreform ging, zeigte sich Hirche dafür offener, Wulff hingegen ablehnend. Schnell erkannten beide, dass hier ein möglicher Konflikt hochkochen konnte – und prompt wurde verabredet, sich mit frühen Vorfestlegungen zurückzuhalten und erst einmal von der Bundesregierung ein konkretes Konzept zu verlangen. Ähnlich ist es mit dem jüngsten Kompromiss von Rot-Grün in Berlin zur Gemeindefinanzreform gelaufen.

Die seit der Wahl um ein Drittel dezimierte SPD-Landtagsfraktion geht derweil durch ein tiefes Tal der Tränen. Der frühere Ministerpräsident Sigmar Gabriel, nun SPD-Fraktionschef, lässt sich anmerken, wie schwer ihm der Rollenwechsel fällt: Immer wieder hält ihm die neue Mehrheit entgegen, er und die bis zu diesem Jahr 13 Jahre regierende SPD seien schuld an den enormen Finanzproblemen des Landes.

Was ist nun aus dem Talent Gabriel, dem früheren SPD-Nachwuchsstar, geworden? Als schlagfertig gilt er noch immer, kann neue Themen blitzschnell aufgreifen und volkstümlich argumentieren. Bisher allerdings ist es schwer, für Gabriel den rechten Platz zu finden. Die Landtagsarbeit, so viel ist klar, füllt ihn nicht aus. Und manche in der SPD-Landtagsfraktion wünschen sich hinter vorgehaltener Hand seinen Abgang, damit die Partei zu einer Erneuerung finden kann.

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