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Sachsen: Streit um Untersuchungsausschuss

Die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD haben im Landtag offiziell verfassungsrechtliche Bedenken zum von der Opposition beantragten Affären-Ausschuss angemeldet.

Die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur sächsischen Korruptionsaffäre verzögert sich. Der Landtag in Dresden überwies mit den Stimmen des CDU/SPD-Regierungslagers einen Antrag von Linken, FDP und Grünen in den Rechtsausschuss und verhinderte damit die von der Opposition gewünschte sofortige Einsetzung des Gremiums. Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) nannte den Ausschuss in der geplanten Form "verfassungswidrig". Auch die Fraktionschefs Fritz Hähle (CDU) und Cornelius Weiss (SPD) begründeten die Vorbehalte gegen die sofortige Einsetzung des Ausschusses mit rechtlichen Bedenken.

Moniert wurden "unzulässige Wertungen". Laut Hähle ist der Untersuchungsauftrag "durch die Bank verfassungswidrig". Verhindern kann die Koalition den Ausschuss jedoch nicht, was sie nach eigenen Angaben auch nicht beabsichtigt. Weiss nannte einen Untersuchungsausschuss angemessen. Die Opposition warf der Regierung Verzögerungstaktik vor. Der Rechtsausschuss wird am Donnerstag am Rande des Plenums tagen. Als wahrscheinlichste Variante gilt, dass dann ein Rechtsgutachten in Auftrag geben wird. Womöglich wird das Parlament in der Sommerpause zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um den Ausschuss noch im Juli einzusetzen. FDP-Rechtsexperte Jürgen Martens nannte den Vorwurf der Verfassungswidrigkeit "grob unredlich".

Gemeinsam mit seinen Amts- und Anwaltskollegen Johannes Lichdi (Grüne) und Klaus Bartl (Linke) hatte er den Antrag ausgearbeitet. In der über dreistündigen Landtags-Debatte sagte Milbradt, es sei unzulässig, die Regierung mit dem Untersuchungsauftrag bereits vorzuverurteilen. Der Opposition warf er vor, "Halbwahrheiten, Lügen und Verdrehungen" zusammenzumischen. Milbradt forderte auch von den Medien eine differenziertere Berichterstattung. Er hätte sich zumindest eine "deutliche Trennung von Vorwürfen und Tatsachen" gewünscht. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Dresden hat unterdessen bislang kaum Anhaltspunkte für Straftaten in den vom Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) übermittelten Unterlagen gefunden.

Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft sind ihr bislang 19 Aktenbände mit zum Teil erheblichen Schwärzungen zur Verfügung gestellt worden. Nachdem LfV-Präsident Reinhard Boos die Informationen einer bestimmten Quelle des Nachrichtendienstes als fragwürdig dargestellt hat, sei nun "eine vollständige Neubewertung" eines Teilkomplexes erforderlich, sagte Oberstaatsanwalt Christian Avenarius. Die Ermittler gingen davon aus, überarbeitete Akten bis Ende nächster Woche vom Nachrichtendienst zu erhalten. Medienberichte über eine umfangreiche Datensammlung des Nachrichtendienstes hatten die Affäre Mitte Mai ausgelöst. Die Geheimakten sollen Informationen über Verbindungen sächsischer Politiker, Polizisten und Justizbeamter zum organisierten Verbrechen enthalten.

Tino Moritz[ddp]

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