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Problemfall. Die Ost- und Nordsee stehen unter starkem Nutzungsdruck, haben die Umweltweisen festgestellt. Die Fischerei ist nur eines der Probleme.

© picture alliance / dpa

Sachverständigenrat für Umweltfragen: Umweltweise zeigen Altmaier die Grenzen

Gutachten der Regierungsberater plädiert für Wachstum mit geringem Ressourcenverbrauch.

Berlin - Dass den Deutschen die Umweltpolitik wichtig ist, spiegelt sich nicht in der Regierungsrealität wieder. Das hat Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) schon am 13. Tag seiner Amtszeit erkannt. In seiner Festrede zum 40-jährigen Bestehen des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU), dem ältesten umweltpolitischen Beratungsgremium, wies Altmaier darauf hin, dass der Umweltetat gerade mal 1,6 Prozent des gesamten Bundeshaushalts umfasse. Am Montag hat der SRU Altmaier das aktuelle Umweltgutachten „Verantwortung in einer begrenzten Welt“ übergeben. Und die Umweltweisen haben darin ein paar Vorschläge gemacht, wie Altmaiers Ministerium noch wichtiger werden könnte. Beispielsweise ein Initiativrecht, wie es die Familienministerin in Frauenfragen schon hat, oder ein aufschiebendes Widerspruchsrecht, über das der Finanzminister bereits verfügt.

Ganz am Ende des rund 700 Seiten umfassenden Werks schlagen die sieben Professoren vor, dem Schutzziel Umwelt im Grundgesetz eine „Umweltintegrationsklausel“ hinzuzufügen. Innerhalb der Europäischen Union gibt es die bereits. Der Zweck ist, Umweltbelange in allen Politikfeldern zu beachten. Das hält der Berliner Jurist und SRU-Mitglied Christian Callies für geboten, weil die Grenzen der ökologischen Belastbarkeit des Planeten eingehalten werden müssten. Die Methode der europäischen und deutschen Politik dafür sei das „Vorsorgeprinzip“, das auch dann schon beachtet werden müsse, wenn noch nicht ganz klar ist, wo diese Grenzen tatsächlich liegen. Der SRU-Vorsitzende Martin Faulstich sagte: „Ökologische Grenzen sind absolute Grenzen. Sie sind nicht verhandelbar.“ Deshalb sei auch unbegrenztes Wachstum nicht möglich. Dennoch hält der SRU Wirtschaftswachstum innerhalb der planetaren Grenzen durchaus für möglich, vor allem in der Umweltbranche, denn die könne Lösungen für die ökologischen Probleme bieten. Außerdem gebe es noch erhebliche Potenziale, das Wirtschaftswachstum vom Ressourcen- und Energieverbrauch zu entkoppeln. Allerdings könnte „auch schon zu unseren Lebzeiten“ ein Punkt erreicht werden, an dem sich die Welt auf geringe oder gar keine Wachstumsraten einstellen muss, sagte auch Altmaier. Allerdings gab er zu, dass er sich das noch nicht so genau vorstellen könne. „Diese Barriere habe ich mit meinem begrenzten volkswirtschaftlichen Verstand noch nicht überwunden“, meinte Altmaier, weshalb er im Anschluss die „Wertschöpfungschancen des Umweltschutzes“ betonte.

Die Energiewende ist für Altmaier ebenfalls eine Chance zum „Erhalt von Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand“. Eine erfolgreiche Energiewende werde die Umweltpolitik insgesamt in ihrer Bedeutung heben und könnte im Übrigen international zum Vorbild werden, sagte Altmaier. Er betonte erneut, der Atomausstieg sei irreversibel. An den Ausbauzielen für erneuerbare Energien werde er festhalten, allerdings will er diesen Ausbau am Fortschritt des Stromnetzausbaus orientiert wissen. Altmaier warb dafür, die Sorgen der Industrie um die Versorgungssicherheit ernst zu nehmen. Außerdem warnte er vor sozialen Problemen, wenn der Strompreis zu sehr steigt.

In Sachen 100-Prozent-Versorgung mit erneuerbaren Energien sei die Regierung dem SRU ja innerhalb eines Jahres gefolgt, meinte Altmaier. 2009 hatten die Umweltweisen ein entsprechendes Sondergutachten vorgelegt. Deshalb spielt die Energiewende im aktuellen SRU-Gutachten nur eine Nebenrolle. Die hat aber schon ein paar Wellen gemacht. Um den Güterverkehr umweltverträglicher zu machen, hat der SRU nämlich vorgeschlagen, die dritte Spur auf Autobahnen zu elektrifizieren und den Schwerlastverkehr mit Trolleys an einer Oberleitung durch die Republik karren zu lassen. Nahezu zeitgleich hat Siemens genau das getestet und ist zu dem Ergebnis gekommen: Das geht.

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