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Politik: Sackgasse Sonderweg

Junge Bundestagsabgeordnete der SPD haben ein neues Zeitalter deutscher Sicherheitspolitik ausgerufen. Unter dem programmatischen Titel "Am Ende des Sonderwegs" erklärt ein Thesenpapier des "Netzwerks Berlin" die Kultur der deutschen Selbstbeschränkung der Nachkriegszeit für abgeschlossen und plädiert für ein neues Verhältnis der Sozialdemokratie zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr.

Von Hans Monath

Junge Bundestagsabgeordnete der SPD haben ein neues Zeitalter deutscher Sicherheitspolitik ausgerufen. Unter dem programmatischen Titel "Am Ende des Sonderwegs" erklärt ein Thesenpapier des "Netzwerks Berlin" die Kultur der deutschen Selbstbeschränkung der Nachkriegszeit für abgeschlossen und plädiert für ein neues Verhältnis der Sozialdemokratie zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Die Westbindung Konrad Adenauers und die Ostpolitik Willy Brandts müssten unter neuen weltpolitischen Bedingungen nun ergänzt werden durch "eine Politik der souveränen Normalisierung".

Das Netzwerk ist ein Zusammenschluss sozialdemokratischer Nachwuchspolitiker, die sich entschieden absetzen von den politischen Vorstellungen der "Achtundsechziger", die ihre Partei lange geprägt haben. "Unsere Thesen sind ein Beleg dafür, dass mit einer neuen Generation auch neue außenpolitische Vorstellungen verbunden sind", sagte der Bundestagsabgeordnete und Netzwerk-Mitgründer Hans-Peter Bartels. Rund ein Dutzend junger Abgeordneter hat das Papier erarbeitet.

Ausgangspunkt der Überlegungen ist der 11. September. Mit diesem Datum sei die "Übergangszeit" nach dem Ende der Blockkonfrontation abgeschlossen gewesen, eine neue Ära beginne, heißt es. Es gebe heute "keine Rechtfertigung mehr dafür, von den Bündnispartnern oder der Weltgemeinschaft besondere Rücksichten auf Deutschland einzufordern", so das Papier: "Deutschland verfügt über alle Rechte und Pflichten eines souveränen Staates." Wo schweres Unrecht geschehe und Deutschland helfen könne, sei es dazu auch verpflichtet.

Am meisten Widerspruch in der eigenen Partei dürften die Thesen zum Einsatz militärischer Mittel provozieren. "Militär ist ein Mittel der Außenpolitik - und zwar nicht nur als ultima-ratio-Instrument für den Fall des Krieges, sondern auch in vielen humanitären, logistischen, robust-polizeilichen und vertrauenschaffenden Missionen im Ausland", heißt es. In diesem Zusammenhang üben die Autoren indirekt auch Kritik an Verteidigungsminister Scharping: Die Bundeswehr orientiere sich mit ihrer langfristigen Ausrüstung "noch immer zu stark am Bedrohungsszenario der frühen 80er Jahre". Ihre Fähigkeiten, ihren erweiterten Aufgaben im Rahmen kollektiver Sicherheitssysteme nachzukommen, seien "bei weitem noch nicht hinreichend entwickelt".

Die Autoren fordern, als bevölkerungsreichstes, wirtschaftsstärkstes und finanzkräftigstes europäisches Land müsse Deutschland in EU und Nato "eine zentrale Rolle" spielen. In diesem Zusammenhang sprechen sich die SPD-Politiker gegen ein "kleinmütig-selbstbezogenes" und für ein "behutsam-selbstbewusstes Auftreten" deutscher Politik aus, wie sie es von Kanzler Schröder und Außenminister Fischer schon verwirklicht sehen.

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