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Saddam-Prozess: Nach Todesurteil erneut vor Gericht

Zwei Tage nach der Verhängung des Todesurteils gegen Saddam Hussein geht die juristische Aufarbeitung seiner Herrschaft weiter. Am Dienstag wurde das zweite gegen ihn laufende Verfahren fortgesetzt.

Bagdad - Der zweite Prozess hat das Massaker an Kurden im Nordirak zum Gegenstand. Saddam Hussein wies die Anschuldigungen gegen ihn zurück. Unterdessen wurde in der irakischen Hauptstadt Bagdad die Ausgangssperre aufgehoben. Saddam Hussein war am Sonntag wegen eines Massakers an Schiiten im Jahr 1982 zum Tod durch den Strang verurteilt worden. Die UN übten Kritik an dem mit dem Todesurteil beendeten Prozess.

Saddam Hussein wirkte gelassen, als er lächelnd auf der Anklagebank Platz nahm. "Wer kann diese Fakten verifizieren, wer kann sie bestätigen - niemand", sagte Saddam Hussein zu den Anschuldigungen gegen ihn. In dem Verfahren geht es um die "Operation Anfal", bei der laut Anklage 1987 und 1988 mehr als 180.000 Kurden getötet wurden. Die Anwälte Saddam Husseins und seiner Mitangeklagten nahmen an der Anhörung nicht teil. Sie protestierten damit gegen den Richter Mohammed al Oreibi al Chalifa, der ihrer Ansicht nach auf Betreiben der Regierung eingesetzt wurde. Statt dessen waren Pflichtverteidiger anwesend, die von den Angeklagten jedoch abgelehnt werden. Saddam Hussein und sechs Mitangeklagte müssen mit der Todesstrafe rechnen.

Anhörung der Zeugen

Das Sondertribunal hörte verschiedene Zeugen an. Kahar Chalil Mohammed berichtete, wie im August 1988 Truppen von Saddam Hussein in der nordirakischen Stadt Kuromai Erschießungen vorgenommen hatten. Ein Armeeoffizier habe geschworen, den Bewohnern würde nichts passieren, wenn sie sich ergäben. Dann seien sie aus der Stadt herausgeführt und Männer und Frauen getrennt worden. "Insgesamt wurden 37 Männer aussortiert, einschließlich mir", sagte Mohammed. Sie hätten sich in einer Linie aufstellen müssen und die Soldaten hätten drei Magazinladungen auf sie abgefeuert, berichtete der Zeuge. Er habe 18 Angehörige verloren. 33 der Bewohner seien getötet worden.

In Bagdad ging das öffentliche Leben in der Stadt wieder seinen gewohnten Gang. Autos durften wieder fahren und auch der Flughafen war wieder geöffnet. Die Behörden hatten aus Angst vor Gewalt nach der Urteilsverkündung am Sonntag eine Ausgangssperre in Bagdad sowie in den Provinzen Dijala und Salaheddin verhängt, die häufig Schauplatz von Gewalt sind. Die verbotene Baath-Partei von Saddam Hussein drohte unterdessen mit Anschlägen auf die besonders gesicherte grüne Zone im Zentrum Bagdads, sollte das Todesurteil vollstreckt werden. "Wenn Saddam Hussein hingerichtet wird, wird die Partei alle verfügbaren Mittel einsetzen, um die Gebäude der Botschaften und Geheimdienste (der USA) in der Grünen Zone anzugreifen", teilte die Parteispitze mit.

UN-Berichterstatter kritisiert Gericht

Durch das automatisch eingeleitete Berufungsverfahren könnte es Wochen dauern, bis das am Sonntag verhängte Todesurteil vollstreckt wird. Das Berufungsgericht werde seine Entscheidung nicht vor Januar oder Februar fällen, erklärte Generalstaatsanwalt Dschaafar al Mussawi. Der UN-Berichterstatter für die Unabhängigkeit von Richtern, Leandro Despouy, kritisierte, der Prozess habe "nicht den internationalen Prinzipien der Menschenrechte, insbesondere hinsichtlich des Rechts auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht" entsprochen. Saddam Hussein müsse vor ein internationales Gericht gestellt werden, das ihm alle Garantien entsprechend den Grundsätzen der Vereinten Nationen gewähre. Despouy forderte die Justiz im Irak auf, das Todesurteil nicht zu vollstrecken.

(tso/AFP)

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