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Matteo Salvini, Vorsitzender der italienischen Lega-Partei, bei einer Pressekonferenz in Moskau im Jahr 2016.

© Sergei Ilnitsky/epa/dpa

Update

Salvinis Russland-Connection: Sollten Rubel an die Lega-Nord fließen?

Tonaufnahmen nähren den Verdacht, dass die Lega von Italiens Innenminister heimlich mit Geld aus Moskau unterstützt werden sollte. Salvini gerät unter Druck.

Viele Italiener stimmen Salvini in seiner rabiaten Flüchtlingspolitik zu – das macht ihn beliebt. Daran kann auch nicht ändern, dass die Kapitänin der „Sea-Watch 3“, Carola Rackete, Klage gegen ihn eingereicht hat. Wegen schwerer Verleumdung und Anstiftung zu Straftaten. Da er in der Öffentlichkeit und Sozialen Medien zu Hass anstachele, sollten seine offiziellen Facebook- und Twitter-Konten gesperrt werden, heißt es in der Klageschrift. „Matteo Salvini vermittelt mit seinen Worten abgrundtiefe Gefühle des Hasses, der Verleumdung und sogar einer wahrhaftigen Entmenschlichung.“ Er hatte die Kapitänin unter anderem als „Komplizin von Menschenhändlern“ bezeichnet.
Innenpolitisch ist Salvini jetzt dennoch in Bedrängnis. In dieser Woche veröffentlichte das US-Medienportal „BuzzFeed“ das heimlich aufgenommene Tonaufnahmen eines Treffens von drei Russen und drei Italienern in Moskau. Die Aufnahmen legen nahe, dass die Lega über einen windigen Öl-Deal mit Russland Dutzende von Millionen Dollar an illegalen Wahlkampfspenden erhalten sollte.

Der Plan: Russische Ölfirmen sollten an den italienischen Energieversorger Eni für 1,5 Milliarden Dollar drei Millionen Tonnen Rohöl liefern; über Rabatte und zwischengeschaltete Banken sollten dabei heimlich 65 Millionen Dollar auf die Konten der Lega abgezweigt werden.

Einen Beweis, dass der Deal tatsächlich zustande gekommen und das Geld auf die Konten der Lega geflossen ist, lieferte „BuzzFeed“ nicht. Und so kam prompt das Dementi von Salvini: „Ich habe nie einen Rubel, einen Euro, einen Dollar oder einen Liter Wodka an Finanzierung von Russland genommen“, beteuerte er. Doch damit ist die Angelegenheit für Salvini wohl noch nicht ausgestanden: Das italienische Nachrichtenmagazin „L’Espresso“ hatte über das Treffen vom 18. Oktober des vergangenen Jahres im Moskauer Hotel Metropol schon im Februar berichtet, und über die engen Verbindungen des Innenministers zum Umfeld von Wladimir Putin sind auch schon zwei Enthüllungsbücher erschienen. Die Tonaufnahmen von „BuzzFeed“ liefern zu Salvinis brisanter Moskau-Connection lediglich den bisher fehlenden Soundtrack.

Vertrauter spielt Schlüsselrolle

Schlüsselfigur dieser Connection und auch des Treffens in Moskau ist Salvinis Vertrauter Gianluca Savoini. Der 56-jährige Norditaliener war Journalist bei der Lega-Zeitung „La Padania“; nach der Wahl Salvinis zum Chef der Lega wurde er dessen Sprecher.

Savoini, der mit einer Russin verheiratet ist, ist Präsident der Vereinigung „Lombardia-Russia“; ehemalige Kollegen der „Padania“ sagen, der Salvini-Vertraute sympathisiere mit faschistischem und neonazistischem Gedankengut. Salvini hat an dem von Savoini eingefädelten Treffen selber nicht teilgenommen, befand sich aber in diesen Tagen ebenfalls in der russischen Hauptstadt.

Auf den Tonaufnahmen preisen die drei Italiener Salvini als „Europas Trump“ an, der die EU zusammen mit anderen europäischen Parteien der extremen Rechten von Grund auf verändern wolle. „Dieses neue Europa muss viel enger sein mit Russland“, hört man Savoini sagen.

Salvinis Bewunderung für den russischen Präsidenten ist in Italien ein offenes Geheimnis. „Putin ist ein Leader mit klaren Ideen, der für eine geordnete, saubere und harmonische Gesellschaft steht. Ich wäre schon zufrieden, wenn ich nur einen Bruchteil seines Niveaus hätte“, sagte Salvini öffentlich, als er noch nicht Innenminister Italiens war.

Die internationalen Sanktionen gegen Russland bezeichnete er als „idiotisch, verrückt, verantwortungslos, masochistisch“.

Salvini wehrt sich

Salvini betonte am Mittwoch, dass er gegen die Unterstellung, aus dem Umfeld seines Idols Putin Geld entgegengenommen zu haben, klagen werde. „Ich habe schon Anzeige erstattet, werde es auch heute tun, morgen und übermorgen“, betonte Salvini.

So ganz stimmt dies laut dem Chef des „L'Espresso“, Marco Damilano, freilich nicht: „Die Lega hat uns zwar wegen Diffamierung verklagt und dabei mehrere unserer Beiträge zitiert – aber nicht denjenigen über das Treffen vom 18. Oktober in Moskau“, sagt Damilano. Der Grund dafür sei klar. „Salvini sagt zwar, er habe nie einen Rubel entgegengenommen – aber er kann nicht bestreiten, dass es zumindest entsprechende Verhandlungen gegeben hat.“

Nun ist Salvini unter Druck: Wie jetzt bekannt wurde, hatte die Staatsanwaltschaft von Mailand schon im Februar, nach den Enthüllungen des „L’Espresso“, eine Strafuntersuchung wegen möglicher internationaler Wirtschaftsdelikte eröffnet.

Und die Opposition fordert eine sofortige, lückenlose Klärung der Angelegenheit. „Entweder ist das eine Fake News – oder aber eine unfassbare Enthüllungsgeschichte“, erklärte der Senator und ehemalige Premier Matteo Renzi vom sozialdemokratischen Partito Democratico. „Russisches Öl, um die Lega zu finanzieren? Das wäre ja verrückt.“

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