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Sami Al Faraj: "Gegen Iran müssen härtere Sanktionen durchgesetzt werden"

In der arabischen Welt wächst der Druck auf Iran. Der Tagesspiegel sprach mit Sicherheitsberater Sami Al Faraj über mögliche Szenarios, wie Iran zum Ausstieg aus dem Atomprogramm gezwungen werden könnte.

Im Streit um Teherans Atomprogramm haben Sie gesagt, es wäre gar nicht so schlecht, würde Israel die Atomanlagen angreifen. Glauben Sie an eine militärische Lösung des Konfliktes?

Die Staaten im Golf Kooperationsrat (GCC) wollen keinen Krieg. Aber wenn sich Irans Führung weiter weigert, die Urananreicherung einzustellen, wird es neue Zwangsmaßnahmen geben. Und sollte dann ein Militärschlag unvermeidbar werden, und ich müsste zwischen einem US- oder einem israelischen Luftangriff wählen, würde ich die israelische Aktion vorziehen. Bei allen anderen Optionen nähme Teheran sofort an, die arabischen Staaten säßen mit im Boot. Dabei würden uns auch die Amerikaner vor einem Luftschlag auch höchstens nur warnen.

Hätten Sie keine Angst vor den Folgen?

Natürlich. Als direkte Nachbarn wären wird ja besonders stark betroffen, allein schon, weil sich die Atmosphäre zwischen uns und den Iranern deutlich verschlechtern würde. Andererseits beeinflusst uns Irans Verhalten schon heute! Bereits die Frage, wo der Iran seine Nuklearanlagen errichtet, spielt für uns aus Umweltfragen eine wesentliche Rolle. Aber primär geht es um unseren Einfluss in der Region. Der Iran will Mitsprache in Dingen, die ureigenste arabische Angelegenheiten betreffen - zum Beispiel indem er starken Einluss im Irak nimmt. Der Iran sollte die historische Grenze zwischen Persien und Arabien aber besser nicht überschreiten.

Der UN-Sicherheitsrat hat mehrfach Sanktionen gegen den Iran verhängt. Hilft das nichts?

Seit Jahren wird nur um des Redens willen geredet, das bringt nichts. Wir müssten viel stärkeren wirtschaftlichen Druck auf Iran ausüben.

Gerade über die Golfstaaten wickeln viele iranische Firmen und Banken heute ihre Geschäfte ab.

Das ist ja mein Punkt. Wir müssen sie jetzt stoppen, weiter ihre Geschäfte zu verfolgen. Und wir Golfstaaten brauchen den Iran nicht für unsere Wirtschaft. Wir managen ihr Geld nur, wir brauchen es nicht. Wir haben sogar tausende von Jobs für die Iraner geschaffen! Zusätzlich könnten wir den Tourismus stoppen und nur noch ganz begrenzte Visa für den Besuch der heiligen Stätten in Mekka und Medina vergeben. An sich aber müssen alle Staaten viel enger kooperieren, um wesentlich schärfere Wirtschaftssanktionen im UN-Sicherheitsrat zu erreichen.

Und wie sollten die aussehen?

Es sollte überhaupt kein Handel mehr mit dem Iran betrieben werden. Kein Technologietransfer, keine Finanzgeschäfte, kein Handel, nichts. So lange, bis Irans Regierung wählen muss, ob sie ihre fantastischen Raketenprojekte und das Nuklearprogramm weiter betreiben will, oder ob sie ihr Geld nicht für wichtigere Dinge wie Erziehung, Gesundheitswesen und Infrastrukturprojekte braucht. Und die Iraner selbst werden merken, was für ihr Land auf dem Spiel steht. Für sie wird die Wahl einfach sein - schließlich haben sie bisher keinen Nutzen vom Nuklearprogramm, Energie wird bisher nicht damit gewonnen.

Aha. Und wie wollen Sie die Mitglieder im Sicherheitsrat zu so weitgehenden Maßnahmen bringen?

Ablehnung kommt vor allem von Russland und China. Aber beide können beeinflusst werden, weil sie große Wirtschaftsinteressen am Golf haben. Sie stehen im Wettbewerb zueinander, um uns ihre Güter zu verkaufen. In den Golfstaaten gibt es hunderte chinesische Unternehmen, bald könnten es tausende sein. Die Chinesen haben bei uns nach einer Million Arbeitsvisa nachgefragt.

Wie könnten die GCC denn China und Russland beeinflussen?

Wir führen sehr hochrangige Gespräche. Gerade erst hat der Vizevorsitzende von Saudi-Arabiens Nationalem Sicherheitsrat Russlands Präsidenten Medwedew getroffen. Die Russen wollen ihre Nukleartechnologie verkaufen. Sie wissen, das Ägypten oder Jordanien solche Projekte nur mit Geld vom Golf bezahlen können. Bei den Chinesen geht es darum, das Gesicht zu wahren. Auf China übt man keinen Druck aus, man lädt China ein, sich entsprechend der Möglichkeiten zu verhalten! Da hilft es, wenn Kuweit Millionenbeträge in China investiert oder einen Flughafen baut. Die Chinesen funktionieren mit Geld, und niemand außer uns hat im Moment wegen des hohen Ölpreise Geld. Das ist Bazar-Politik, die Europäer machen das nicht - wir schon.

Nehmen die Europäer das Problem Iran ernst genug?

Ich finde Nein. Sie haben wohl noch nicht verstanden, dass die Iraner derzeit einfach nur um des Redens willen Reden. Außerdem ist für sie das Problem ziemlich weit weg - wir aber haben es direkt vor der Haustür!

Liegt die Ursache für das plötzliche Interesse der Golfstaaten selbst an der Nuklearenergie am iranischen Atomprogramm?

Es ist eine direkte Reaktion darauf, aber auch ein Signal an Teheran. Sollten sich die Iraner dazu entschließen, ihr gesamtes Programm einzustellen, könnte ich mir vorstellen, dass die GCC ihre Pläne ebenfalls wieder einstellen würden. Allein schon weil wir am Golf ein großes Problem damit hätten, den nuklearen Abfall zu entsorgen.

Sami Al Faraj ist Präsident des Kuwait Centre for Strategic Studies und Berater mehrerer Golfstaaten in Sicherheitsfragen.

Das Interview führte Ruth Ciesinger.

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