zum Hauptinhalt

Sarkozy in Berlin: Wangenküsschen statt Handkuss

Der neue französische Staatspräsident ist zu seinem Antrittsbesuch in Berlin eingetroffen. Nicolas Sarkozy wurde von Kanzlerin Merkel demonstrativ als guter Freund empfangen.

Paris/Berlin - In einer prunkvollen Zeremonie hat Nicolas Sarkozy das Amt des französischen Staatspräsidenten übernommen und ist nur wenige Stunden später zu seinem Antrittsbesuch nach Berlin gereist. Bei dem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel drängte Sarkozy zur Eile bei der Lösung der EU-Probleme. Die Kanzlerin kündigte eine "sehr, sehr enge Abstimmung" mit Sarkozy zur Lösung der EU-Verfassungskrise an.

Der 52-jährige konservative Sarkozy löste Jacques Chirac (74) ab, der zwölf Jahre lang die Geschicke der drittstärksten Atommacht der Welt gelenkt hatte. Als letzte Amtshandlung hatte Chirac seinen Nachfolger in Staatsgeheimnisse wie den Code zur Mobilisierung der Atomstreitmacht eingeweiht. Der Präsident des Verfassungsrates, Jean-Louis Debré, überreichte Sarkozy als 23. Präsidenten Frankreichs die schwere Amtskette. 21 Salutschüsse aus Kanonen verkündeten vom Invalidendom den Franzosen, dass der neue Präsident sein Amt angetreten hatte.

In einer unerwartet programmatischen ersten Ansprache versprach Sarkozy, die Menschenrechte und den Kampf gegen den Klimawandel in den nächsten fünf Jahren in den Mittelpunkt seiner Außenpolitik zu stellen. Er werde für ein Europa kämpfen, das seine Bürger beschütze.

"Es ist wirklich Eile geboten"

In Berlin bei seinem ersten Auslandsbesuch als Präsident sagte Sarkozy am Abend: "Europa wartet darauf, dass wir die Initiative ergreifen." "Es ist wirklich Eile geboten." Bundeskanzlerin Angela Merkel empfing Sarkozy im Kanzleramt demonstrativ als guten Freund mit Wangenkuss. Die Kanzlerin kündigte eine "sehr, sehr enge Abstimmung" mit Sarkozy zur Lösung der Verfassungskrise in der Europäischen Union (EU) an. Bis zum Jahr 2009 solle die EU auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt werden.

Merkel bezeichnete die deutsch-französische Freundschaft als ein "Wunder". Sie griff damit ein Wort Sarkozys auf, das dieser nach seiner Amtsübernahme in Paris beim Besuch einer Erinnerungsstätte für Widerstandskämpfer gegen die Nazi-Besetzung ausgesprochen hatte.

Sarkozy: Deutsch-französische Freundschaft ist heilig

"Ich möchte der deutschen Regierung und dem deutschen Volks sagen, dass für Frankreich die deutsch-französische Freundschaft heilig ist und dass nichts diese Freundschaft in Frage stellen kann", sagte Sarkozy. Als besondere Geste der Freundschaft hatte Sarkozy unmittelbar nach seiner Amtsübernahme Deutschland besucht.

In seiner ersten Ansprache nach Amtsantritt versprach Sarkozy den Franzosen, die Überwindung der Lager und die Sammlung kompetenter Franzosen aller Couleur, die ihrem Land dienen wollten. "Mit dem Verhalten der Vergangenheit muss gebrochen werden." Er denke an "Frankreich, das alte Land, das so viele Proben zu bestehen hatte und sich immer wieder aufgerichtet" habe.

Sarkozy mit straffem Programm am ersten Tag

Die Sonne brach durch, als Sarkozy am Nachmittag in einem offenen Wagen die Champs-Élysées zum Triumphbogen fuhr, um am Grabmal des Unbekannten Soldaten die "Ewige Flamme" zu entzünden und einen Kranz niederzulegen. Nach einem kurzen Bad in der Menge fuhr er zurück zum Denkmal General Charles de Gaulles, um unter dem Beifall von Schaulustigen den Gründer der V. Republik zu ehren.

Vor seinem Abflug nach Berlin ehrte Sarkozy im Pariser Park Bois de Boulogne 35 junge Widerstandskämpfer, die dort in der Nacht zum 17. August 1944 von den Nazi-Besatzern getötet worden waren. Sarkozy nahm die Ehrung zusätzlich in die Zeremonie zur Amtseinführung auf. Nach der Verlesung der Namen der Opfer zitierte ein Mädchen aus dem Abschiedsbrief des bereits 1941 hingerichteten kommunistischen Widerständlers Guy Môquet an seine Eltern. Tief bewegt erklärte Sarkozy, seine "erste Entscheidung als Präsident" sei, diesen Brief in allen Schulklassen zu Beginn des Schuljahres vorlesen zu lassen. Die jungen Widerständler hätten "Nein zur Erniedrigung". (tso/AFP/dpa)

Zur Startseite