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Politik: Sarkozy lässt Anwalt sprechen

Untersuchungsverfahren gegen Ex-Präsidenten.

Paris - Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, sonst um keine schnelle Reaktion verlegen, hüllte sich diesmal in Schweigen. Er überließ es seinem Anwalt Thierry Herzog, sich an die Öffentlichkeit zu wenden. Kaum hatte der Untersuchungsrichter Jean-Michel Gentil am späten Donnerstagabend dem früheren konservativen Staatspräsidenten in der Korruptionsaffäre um die Erbin des Kosmetik-Konzerns L'Oréal, Liliane Bettencourt, die Eröffnung eines Untersuchungsverfahrens angekündigt, fuhr sein Verteidiger schwerstes Geschütz auf. Dem Richter warf er Parteilichkeit vor. Gegen dessen „juristisch inkohärente“ und „ungerechte“ Entscheidung wollte er sofort Beschwerde beim zuständigen Berufungsgericht von Bordeaux einlegen. „Nicolas Sarkozy ist immer kämpferisch, aber gleichzeitig hat er die Behandlung, der er ausgesetzt wurde, als skandalös empfunden“, erklärte der Anwalt.

Richter Gentil erhebt gegen den 58-jährigen Ex-Präsidenten den Vorwurf, 2007 die körperliche und geistige Schwäche der L'Oréal-Erbin zur Finanzierung seines Wahlkampfs ausgenutzt zu haben. Darauf stehen drei Jahre Gefängnis, 375 000 Euro Geldstrafe und fünf Jahre Ausschluss von politischen Kandidaturen. Sarkozy war bereits im vergangenen November ausführlich vernommen worden; die Eröffnung eines Untersuchungsverfahrens erfolgte nun, nachdem der Richter ihn früheren Angestellten Bettencourts gegenübergestellt hatte. Sie bestätigten, dass Sarkozy in der fraglichen Zeit mindestens zweimal zu Besuch ins Haus der Milliardärin kam. Sarkozy dagegen blieb bei seiner Darstellung, nur einmal dem Ende 2007 verstorbenen Ehemann der reichsten Frau Frankreichs, André Bettencourt, seine Aufwartung gemacht zu haben. Den Besuch bei dem früheren Minister der Sarkozy-Partei datierte er auf Februar 2007.

Die Affäre Bettencourt begann Ende 2007 als Familienstreit. Die einzige Tochter Bettencourts, Francoise Meyers-Bettencourt, hatte damals beantragt, ihre heute demente Mutter unter Vormundschaft zu stellen, um sie daran zu hindern, große Vermögensteile an einen Günstling zu verschenken. In der Auseinandersetzung hatte die Mutter auch Hilfe bei Präsident Sarkozy gesucht. Zum Skandal wurde die Affäre nach der Veröffentlichung von Tonaufnahmen, die einer der Butler von Gesprächen der Milliardärin mit ihrem Vermögensverwalter angefertigt hatte. Sie führten zum Verdacht der Steuerhinterziehung und illegalen Parteifinanzierung. Außer gegen Ex-Präsident Sarkozy laufen bereits gegen 16 andere Protagonisten der Affäre Untersuchungsverfahren, unter anderem gegen Eric Woerth, den Schatzmeister von Sarkozys Wahlkampf und späteren Budgetminister.

Für den Ex-Präsidenten gilt zwar die übliche Unschuldsvermutung, dennoch ist die Eröffnung des Untersuchungsverfahrens ein herber Rückschlag für seine möglichen politischen Ambitionen. Über die hat er sich bisher zwar nie konkret geäußert. In einem Interview räumte Sarkozy jedoch kürzlich ein, eine Verschlechterung der Lage in Frankreich könne ihn dazu zwingen, in die Politik zurückzukehren. Hans-Hagen Bremer

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