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Politik: Sauber per Gesetz

Sanktionen für verschwiegene Nebenjobs sind das eine. Nun soll Abgeordnetenbestechung strafbar werden

Von Matthias Meisner

Berlin - Zeit gelassen hat sich die Koalition. Doch nun, über ein Jahr nach der Unterzeichnung der UN-Konvention gegen Korruption, macht sich Rot-Grün an die Umsetzung. Gemeinsam mit anderen Staaten hatte Deutschland im Dezember 2003 im mexikanischen Mérida die Konvention akzeptiert – und das bedeutet, dass künftig die weite Vorschrift über die strafrechtlich sanktionierte Bestechung von Amtsträgern auch auf Parlamentarier Anwendung finden muss. Wie im Detail die Umsetzung in nationales Recht erfolgen soll, ist noch strittig. Nur Abwarten gilt nicht mehr. Nach der Diskussion über die Nebentätigkeiten von Abgeordneten sieht sich Rot-Grün in der Pflicht, jetzt rasch zu handeln.

Formulierungsvorschläge aus dem Bundesjustizministerium liegen vor, seit einigen Tagen beraten die Experten der Koalition darüber. Der SPD-Rechtspolitiker Hermann Bachmaier sagte dem Tagesspiegel, die Diskussion über Nebenjobs könne durchaus hilfreich sein, um jetzt auch die Umsetzung der UN-Konvention gegen Korruption voranzutreiben. „Es geht auch um unser Ansehen“, betont der SPD-Politiker, weist aber ausdrücklich darauf hin, dass „nur die Spitze des Eisbergs“ unter Strafe gestellt werden soll. Das bedeutet: Der Zusammenhang vom Einsatz eines Parlamentariers mit bestimmten Zuwendungen muss klar bewiesen sein. Auf keinen Fall dürfe jede Interessenvertretung eines Parlamentariers als verdächtig erscheinen. Bisher ist nach Paragraf 108e des Strafgesetzbuchs nur verboten, eine Stimme für eine Wahl oder Abstimmung in einem Parlament zu kaufen. Künftig soll jede „Gegenleistung“ strafbar werden, selbst die Annahme einer so genannten Danke-schön-Spende für eine politische Gefälligkeit, wie sie im Kölner Müllskandal eine Rolle spielte. Voraussetzung: Sie müssen vorher vereinbart gewesen sein. Das betrifft Zuwendungen aller Art, nicht nur Geldgeschenke.

Bachmaier sieht sich nach den ersten Vorgesprächen weitgehend einig mit den Grünen. Auch deren Vizefraktionschef Hans-Christian Ströbele ist für die strengeren Regeln. Er sagte dem Tagesspiegel aber auch: „Es darf künftig nicht jeder Abgeordnete, der eine Nebentätigkeit ausübt, in den Geruch der Korruption geraten. Sonst sind sowieso alle Türen dicht.“ Rot-Grün will, dass sich der Bundestag bis zum Sommer einigt, eine Expertenanhörung zuvor ist geplant.

Doch bisher bremsen die Oppositionsfraktionen im Bundestag. Ende 2004 begründeten sie ihre Bedenken in einer Umfrage der Antikorruptionsorganisation Transparency International. Der CSU-Innenpolitiker Hartmut Koschyk schrieb, anders als ein Beamter könne ein Abgeordneter durchaus auch „Vertreter öffentlicher Belange der Wirtschaft“ sein. „Dies einer strafrechtlichen Würdigung zu unterziehen, überfordert jede Justiz.“ Max Stadler, FDP-Innenexperte, argumentierte: Der enge Tatbestand der Abgeordnetenbestechung, der die vorgeschaltete Willensbildung nicht unter Strafe stelle, schütze den Abgeordneten vor unlauteren Einflussnahmen und stütze seine Unabhängigkeit. Rot-Grün hat dennoch vor, auch die Opposition zu überzeugen. „Solche Dinge macht man ganz gern gemeinsam“, sagt SPD-Mann Bachmaier.

Informationen im Internet:

www.transparency.de

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