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Schüler mit Migrationshintergrund nehmen in einer Leipziger Schule am Deutschunterricht teil.

© dpa

Schärfere Regeln: Endpunkt der Integrations-Debatte?

Schärfer, strenger, härter. Das muss jedem Konservativen beim Thema Migration im Ohr klingen. Insofern dürfte die schwarz-gelbe Bundesregierung mit ihrem gefassten Kabinettsbeschluss zur Integration einen Nerv getroffen haben.

Die Bundesregierung hat ein schärferes Vorgehen gegen Zwangsheiraten und Integrationsverweigerer beschlossen. Das Kabinett billigte einen Gesetzentwurf, in dem die verschiedenen Regelungen zusammengefasst sind. Zwangsheirat wird danach ein eigener Straftatbestand. Die Grünen monieren, dass dies nur kosmetische Korrekturen seien, da bereits jetzt Zwangsheiraten unter Strafe stehen. Richtig. Bisher können Zwangsehen aber nur als schwere Nötigung geahndet werden. Die Höchststrafe liegt ebenfalls bei fünf Jahren. Mit der Neuregelung soll aber eine juristische Verfolgung leichter werden. Außerdem erhalten Opfer erzwungener Ehen ein Rückkehrrecht nach Deutschland. Bisher erlosch es nach sechs Monaten, künftig soll es zehn Jahre lang gelten.

Schärfer will die Regierung auch gegen Scheinehen vorgehen, die nur geschlossen werden, um ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu erhalten. Der ausländische Ehepartner soll erst nach drei statt bisher zwei Jahren einen eigenen Aufenthaltstitel bekommen. In Härtefällen sollen Ausnahmen gemacht werden, etwa bei häuslicher Gewalt. Dann gilt die Drei-Jahres-Frist nicht. Hinzu kommt, dass die Kontrolle der Integrationsverpflichtungen verbessert werden soll. Vor der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis muss künftig geprüft werden, ob der Antragsteller seiner Pflicht zur Teilnahme an einem Integrationskurs nachgekommen ist. Bei einer Verweigerung kann die Verlängerung abgelehnt werden. Es können auch Hartz-IV-Leistungen gekürzt werden. Beides ist aber auch heute schon möglich. Die Sanktionen sollen also nicht verschärft, sondern konsequenter angewendet werden. 

Falsch sind all diese Verschärfungen sicher nicht. Doch es drängt sich die Frage auf: War es das nun? Ist das der gesetzgeberisch-politische Endpunkt einer heftigen Integrations-Debatte, die Deutschland seit Wochen beschäftigt? Hoffentlich nicht. Integrationskurse zur Pflicht zu machen und schärfere Sanktionen anzudrohen ist das eine. Sie sinnvoll zu gestalten, genügend anzubieten und ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen, ist das andere. Hier liegt die Bringschuld der Politik – und nicht die Holpflicht der Migranten. Über höhere Mittel wurde im Kabinett nicht gesprochen. Auch die Gestaltung der Kurse müsste genauer evaluiert werden. Muss den Migranten wirklich der deutsche Föderalismus näher gebracht werden? Und dienen sie wirklich dem Ziel, die deutsche Sprache zu vermitteln? Heinz Buschkowsky hat eine andere Idee: eine Kita-Pflicht. Und vermutlich kommt er damit dem Ziel näher als jeder Integrationskurs.

Doch es steht nicht zu befürchten, dass es viel Kritik an dem Kabinettsbeschluss gibt. Denn ein politisches Interesse an weniger harten Regeln hat eigentlich keiner. Die Union musste endlich ein konservatives Signal setzen. Die FDP, eigentlich die Partei der Freiheit, hat auch ein konservatives Milieu zu bedienen. Genau wie die SPD. Selbst die Grünen reagieren recht verhalten. Wollen sie doch, als die neuen Bürgerlichen, nicht zurück in die Multi-Kulti-Ecke. Und die Linken? Sind erstens sehr mit sich selbst beschäftigt und haben in ihrer Wählerklientel ebenfalls sozial-konservative Strukturen zu berücksichtigen.

Einen Vorteil hat der verpflichtende Integrationskurs und die Debatte darum: Sie ist typisch deutsch und jeder Migrant kann insofern etwas über seine neue Heimat lernen. Denn es zählt nicht das Ergebnis des Kurses. Nicht die Frage, ob er erfolgreich oder sinnvoll ist, sondern nur, dass er absolviert wurde. Es geht um eine bürokratische Bestätigung, ein Schreiben – hoffentlich in doppelter Ausführung und mehrsprachig – wegen der Integration.

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