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Politik: Schäuble im Abseits

Soll die Bundeswehr bei der Fußball-WM Stadien bewachen? SPD und Opposition sind dagegen

Berlin - Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat mit einer nachträglich als „Diskussionsbeitrag“ bezeichneten Interviewäußerung Entrüstung bei der Opposition und beim Koalitionspartner SPD entfacht. Schäuble hatte in der „Süddeutschen Zeitung“ eine Grundgesetzänderung noch vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 angekündigt, um einen Einsatz der Bundeswehr im Innern zu ermöglichen. Auf eine entsprechende Frage hatte er mit „Ja“ geantwortet und vorgeschlagen, die Bundeswehr solle die Polizei beim Objektschutz entlasten. Schäuble nannte als Beispiele die Bewachung von Stadien, Flughäfen und Mannschaftsquartieren. Sein Sprecher Bruno Kahl relativierte die Äußerungen zwar am Freitag und sprach von „Übertragungsfehlern“ und einer nicht autorisierten Interviewfassung. Zudem werde die Bundesregierung das für das kommende Frühjahr erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz abwarten. An den grundsätzlichen Überlegungen Schäubles ließ er aber keinen Zweifel.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, kritisierte den Innenminister scharf. „Herr Schäuble ist nicht der Gesetzgeber“, sagte Wiefelspütz dem Tagesspiegel. Eine Zustimmung der SPD für eine Grundgesetzänderung sei nach wie vor ausgeschlossen, ergänzte Wiefelspütz und warf Schäuble vor, in dieser Frage „offenbar von einer Obsession besessen“ zu sein. Die Vorschläge machten angesichts von 250 000 Polizeibeamten in Deutschland, die exzellent ihre Arbeit erfüllten, „keinen Sinn“.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) bezeichnete Schäubles Vorstoß als „aberwitzig“. Beck fragte: „Sollen WM-Gäste wie in Militärdiktaturen vom Militär empfangen werden?“ Dagegen warnte sein sozialdemokratischer Kollege Peter Danckert, der Chef des Sportausschusses im Bundestag ist, vor einer vorschnellen Ablehnung des Vorschlags. „Die Personallage bei der Polizei ist knapp“, sagte Danckert, „deshalb sollten wir im Parlament ergebnisoffen diskutieren.“ Im Wahlkampf hatte der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) für seine Partei einen Einsatz der Bundeswehr noch ausgeschlossen.

In der Opposition wurden Schäubles Vorschläge durchweg abgelehnt. „Die Fußball-WM ist kein Katastrophenfall“, sagte der FDP-Sportexperte Detlef Parr auf Nachfrage. „Die Bundeswehr sollte nur bei Katastrophen eingesetzt werden, nicht als Nothelfer der Polizei beim Objektschutz.“ Beim Besuch von Papst Benedikt XVI. in Deutschland habe sich die Bundeswehr lediglich für Notfälle bereitgehalten, „weitere Einsätze sind mit dem Grundgesetz nicht vereinbar“, sagte Parr. Nach Artikel 35 des Grundgesetzes darf die Armee bei schweren Unglücksfällen und Naturkatastrophen der Polizei Amtshilfe leisten. Auch PDS und Grüne wiesen Schäubles Vorschläge am Freitag zurück. Es sei „verfehlt, das Grundgesetz wegen der WM ändern zu wollen“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck.

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