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Politik: „Schau zu und sei still“

Am Abend des 9. November besuchte ich eine Vortragsveranstaltung im Aspen-Institut, worum es ging, habe ich vergessen.

Am Abend des 9. November besuchte ich eine Vortragsveranstaltung im Aspen-Institut, worum es ging, habe ich vergessen. Gegen zehn Uhr abends standen noch einige Gäste herum. Wolfgang Vogel, Unterhändler der DDR für den Häftlingsfreikauf, erzählte im kleinen Kreis, dass sich in der Flüchtlingskrise jetzt die Hardliner in der DDR-Führung durchgesetzt hätten. Wir würden bald sehen, wie sich die Dinge nicht vorwärts, sondern rückwärts bewegen würden. Ich fand dieses Hintergrundwissen sehr aufregend.Wenn jemand sich auskannte im Inneren der SED- Macht, dann Vogel. Im Schneetreiben fuhr ich nach Hause, begierig, meiner Frau sofort diese neuesten Nachrichten mitzuteilen. Sie saß vor dem Fernsehapparat. Ich sprudelte meine Neuigkeiten heraus. Aber meine Frau zeigte nur wortlos auf den Bildschirm und sagte: „Schau zu und sei still!“

CHRISTOPH STÖLZL (65)

Publizist

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