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© EPA

Schauprozess: Auf Befehl der Generäle

Lange hat Birmas Junta die Angeklagte Nobelpreisträgerin auf ihr Urteil warten lassen. Immer wieder war der Prozess verlängert worden. Meist tagte das Sondergericht im Insein-Gefängnis unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Doch das Urteil inszenierten die Generäle vor Diplomaten und Journalisten. Es folgte ein weltweiter Aufschrei.

Berlin - Lange hat Birmas Junta die Angeklagte Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi auf ihr Urteil warten lassen. Immer wieder war der Prozess verlängert worden. Meist tagte das Sondergericht im Insein-Gefängnis von Rangun unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Doch das Urteil inszenierten die Generäle vor Diplomaten und Journalisten. Es folgte ein weltweiter Aufschrei.

11.50 Uhr war es, als die Richter am Dienstag verkündeten, die Oppositionsführerin müsse für drei Jahre ins Gefängnis und Arbeitsdienst leisten. Begründung: Sie habe gegen Auflagen ihres Hausarrests verstoßen, als sie dem Amerikaner John William Yettaw Obdach gewährte, der durch den Inya-See zu ihrem Haus geschwommen war. Nach nur fünf Minuten trat die Junta selbst auf den Plan. Minister Maung Oo verlas einen Befehl des obersten Generals Than Shwe. Aung San Suu Kyi sei die Tochter des Nationalhelden General Aung San und jegliche Störung der „Roadmap“ zur Demokratie müsse vermieden werden, ihre Strafe werde auf 18 Monate reduziert und in Hausarrest umgewandelt. Als Höchststrafe drohten ihr fünf Jahre. Der Amerikaner Yettaw wurde parallel zu sieben Jahren Gefängnis und Arbeitsdienst wegen Verstoßes gegen die Einreise- und Sicherheitsbestimmungen verurteilt. Er war erst am Vorabend aus dem Krankenhaus entlassen worden, wo er wegen epileptischer Anfälle behandelt wurde.

Mit sarkastischem Unterton dankte Suu Kyi für das Urteil, wie Augenzeugen Oppositionsmedien berichteten. Ihr Anwalt Nyan Win ließ im Gespräch mit der Agentur Mizzima offen, ob er gegen das Urteil Widerspruch einlegen werde. Bereits am Nachmittag sollen Suu Kyi und ihre beiden mitangeklagten Hausangestellten (für die das gleiche Urteil fiel) wieder in ihr Haus gebracht worden sein. Es hieß, sie dürfe diesmal einen Fernseher und Zeitungen haben, vermutlich aber nur die Staatszeitung.

Nach einhelliger Auffassung von Experten war der ganze Prozess ein Vorwand, um die Ikone der Demokratiebewegung während der für 2010 angekündigten Wahlen mundtot zu machen. Die Sicherheitsvorkehrungen waren zur Urteilsverkündung abermals verstärkt worden. Im ganzen Viertel patrouillierten bewaffnete Polizisten. Mehrere hundert Anhänger hatten sich vor dem Gefängnis versammelt, rund 50 wurden nach Angaben von Beobachtern verhaftet.

Weltweit protestierten Regierungen und Organisationen gegen das Urteil und forderten die sofortige Freilassung Suu Kyis. Die EU kündigte eine Verschärfung der Sanktionen gegen das Regime an. US-Außenministerin Hillary Clinton forderte einen Dialogs zwischen Junta und Opposition. Für Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist das Urteil „ein weiterer Rückschlag für die Menschenrechte in Myanmar“, der Prozess sei „mehr Farce als gerichtliches Verfahren“ gewesen. Der britische Premier Gordon Brown forderte den UN-Sicherheitsrat auf, ein weltweites Verbot von Waffenverkäufen an das Land zu verhängen. Die Menschenrechtsbewegung Burma Partnership sprach von einem „Todesurteil für die Demokratie“ und forderte den Sicherheitsrat auf, außerdem eine Kommission zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen einzusetzen.

Aber es gibt auch andere Stimmen. Exilbirmanen wie Harn Yanwnghwe vom Euro-Birma-Büro in Brüssel fordern, die Wahlen nicht zu boykottieren – wie dies bisher Suu Kyis NLD tun will. Die Wahlen seien nicht frei, aber „die einzige Hoffnung“. Denn wenn die Opposition mit im Parlament sitze, könne die Junta sie nicht mehr ignorieren. Der Regionaldirektor der Naumann-Stiftung für die Freiheit, Rainer Adam, sagte dem Tagesspiegel: „Die Stiftung sieht die bestehenden Wirtschaftssanktionen als moralisch richtig, aber politisch unklug an. Sanktionen haben seit mehr als 20 Jahren die Situation innnerhalb Birmas nicht verändert. Im Gegenteil, die Sanktionen haben die Position des Regimes eher verhärtet und die Situation der Bürger verschlechtert.“ Er vergleicht die Forderung nach härteren Sanktionen mit einem Regentänzer, „der behauptet, dass der Regen ausbleibt, weil die Opfergabe zu klein war“.

Richard Licht

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