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Politik: Scherf und Engholm: Schröder soll vernünftig werden Jetzt Umfragemehrheit für Merkel als Kanzlerin

Vorsichtige Annäherung zwischen SPD und Union

Von Robert Birnbaum

Berlin - Parallel zu ersten Sondierungsgesprächen über eine künftige Regierung nehmen die Parteien Drohgebärden zurück. Union und SPD vereinbarten nach dem ersten Treffen zwischen Kanzlerkandidatin Angela Merkel und Kanzler Gerhard Schröder weitere Gespräche. Die SPD bestand zwar weiter darauf, dass Schröder in einer denkbaren großen Koalition Kanzler bleiben müsse. SPD-Chef Franz Müntefering erklärte aber Überlegungen für gegenstandslos, CDU und CSU durch eine Änderung der Geschäftsordnung des Bundestags den Status einer gemeinsamen Fraktion zu nehmen. Auf der anderen Seite erteilte Merkel Überlegungen eine Absage, eine schwarz-gelbe Minderheitsregierung zu bilden. „Eine Minderheitsregierung ist nicht das, was den Ansprüchen Deutschlands als großes Land der Welt gerecht wird“, sagte sie.

Der Anspruch der SPD, Schröder müsse Kanzler bleiben, weil die Deutschen das wollten, wurde durch eine Emnid-Erhebung für den Sender N 24 – die erste nach der Wahl – geschwächt: Demnach wollen nun 47 Prozent der Befragten Merkel im Kanzleramt, nur noch 44 Prozent sind für Schröder. Erste SPD-Politiker stellten das Festhalten an Schröder in Frage. Der Bremer Bürgermeister Henning Scherf forderte im WDR den Kanzler auf, nach der Wahlkampfeuphorie auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren. Scherf sprach sich für eine große Koalition aus und forderte, Personalfragen zurückzustellen. Noch weiter ging der frühere SPD-Chef Björn Engholm. Er forderte Schröder in den „Lübecker Nachrichten“ auf, auf das Kanzleramt zu verzichten. Engholm schlug aber gleichzeitig vor, dass auch Merkel ihren Anspruch zurücknehmen sollte. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) warnte in der „Neuen Ruhr Zeitung“ davor, die Gespräche über die Regierungsbildung mit personellen Bedingungen zu belasten. Ähnlich wie andere SPD-Politiker sieht auch Thierse die Möglichkeit, dass zunächst der eine und dann der andere Partner einer Koalition den Regierungschef stellt.

Union und FDP wollen der ersten förmlichen Begegnung vom Donnerstag weitere folgen lassen. Merkel und FDP- Chef Guido Westerwelle verzichteten darauf, einen vorläufigen Koalitionsvertrag vorzulegen. In beiden Parteien hatte sich die Einsicht durchgesetzt, dass ein solches Papier die Gespräche mit den Grünen belasten würden, die an diesem Freitag beginnen. Gegen eine Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen wurden in der CSU Vorbehalte laut. Nach Tagesspiegel-Informationen äußerten am Mittwoch in einer Sitzung der Landtagsfraktion in München Abgeordnete die Sorge, ein Bündnis in Berlin mit den Grünen gefährde die Stellung der CSU als Partei der absoluten Mehrheit. Parteichef Edmund Stoiber habe für diese Sorge Verständnis gezeigt, aber erklärt, der Versuch einer Sondierung müsse gemacht werden. Nicht bestätigt wurde in der CSU ein Bericht der „Süddeutschen Zeitung“, wonach Stoiber in parteiinternen Runden massive Kritik an Merkels Wahlkampfführung geübt habe. Demnach hat der CSU-Chef der Kanzlerkandidatin eine „herzlose Sprache“ vorgeworfen . Stoiber dementierte das und sagte: „Glauben Sie nicht alles, was Sie lesen.“

In der FDP wurde der Personalstreit zwischen Westerwelle und Fraktionschef Wolfgang Gerhardt beigelegt. Gerhardt führt die Fraktion demnach noch bis zum Frühjahr 2006, wie er selbst nach einer Präsidiumssitzung bestätigte. Danach übernimmt Westerwelle das Amt.

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