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Erste Hilfe: Ein Kämpfer der „Freien Syrischen Armee“ bringt ein verletztes Mädchen in Sicherheit. Hubschrauber und Kampfflugzeuge der Armee bombardieren die nordsyrische Stadt Aleppo, die seit fünf Tagen heftig umkämpft ist.

© REUTERS

Schlacht um Aleppo in Syrien: Schüsse in die Menge

Amnesty International wirft Syriens Geheimdienst Gräueltaten in Aleppo vor. Währenddessen lobt Präsident Assad am Tag der Armee die Soldaten. Die Schlacht um Aleppo geht weiter - und sie ist blutig. Hunderte Menschen sind bereits spurlos verschwunden. Vermutlich wurden sie zu Tode gequält.

Kilometerweit waren die schweren Explosionen zu hören. Stundenlang bombardierten MiG-Kampfflugzeuge und Hubschrauber die Wohnviertel. Während die schweren Kämpfe in Aleppo am Mittwoch bereits den fünften Tag andauerten, erhebt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International schwere Vorwürfe gegen den örtlichen Geheimdienst und die Regime-Milizen in der Stadt. Bei jeder Demonstration in den zurückliegenden Monaten sei scharf in die Menge geschossen worden. Getötet wurden auch unbeteiligte Passanten und Kinder, schreibt die Menschenrechtsorganisation. Verhaftete wurden mit Elektroschocks, Schlafentzug oder stundenlangem Prügeln systematisch gefoltert.

Hunderte Menschen sind seit Monaten spurlos verschwunden und vermutlich zu Tode gequält worden. Die gefürchteten Shabiha-Milizen machten derweil Jagd auf Verwundete, Ärzte und Krankenschwestern, heißt es in der 36-seitigen Dokumentation. „Aleppo erleidet nun dasselbe Schicksal wie der Rest des Landes. Die gnadenlose Unterdrückung legitimer Proteste ist eskaliert in einen bewaffneten Konflikt, der jeden Tag mehr Menschenleben kostet.“

Donatella Rovera, die die Recherchen für Amnesty Ende Mai in der syrischen Wirtschaftmetropole gemacht hat, spricht von einem verstörenden Muster des Missbrauchs. Verwandte der Opfer seien zum Beispiel gezwungen worden, per Unterschrift zu bestätigen, dass die Getöteten angeblich durch bewaffnete Terroristen ums Leben gekommen seien. Amnesty International forderte den UN-Sicherheitsrat in New York auf, den Fall Syrien an den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu übergeben.

Bildergalerie: Aufstand gegen Assad

Am Mittwoch meldeten die Rebellen in Aleppo die Einnahme von drei Polizeistationen, bei der mindestens 40 Polizisten getötet wurden. Doch es kam auch zu Exekutionen. Auf einem Video sind bewaffnete Aufständische zu sehen, die mit einem wilden Kugelhagel mindestens vier Mitglieder des regimetreuen Al-Berri-Stammes in einem Schulhof hinrichten. Nun konzentrieren sich die Kämpfer offenbar darauf, die Zentrale des Militärgeheimdienstes zu erobern. „Wenn wir das schaffen, ist ein Sieg möglich“, erklärte einer der Kommandeure der „Freien Syrischen Armee“. Zuvor hatten die Regimegegner einen Grenzübergang zur Türkei in ihre Hand gebracht, der ihnen nun eine direkte Nachschubverbindung nach Aleppo ermöglicht.

Für die Bewohner wird das Leben in der umkämpften Millionenstadt immer unerträglicher. Helfer der Vereinten Nationen haben Lebensmittelrationen für knapp 70 000 Menschen in die Stadt gebracht. Bei dem Transport habe man mit dem Roten Halbmond zusammengearbeitet, teilte das Welternährungsprogramm (WFP) am Mittwoch in Damaskus mit. Neben Lebensmitteln fehle es an Gas und Strom. Mindestens 200 000 der 2,5 Millionen Einwohner sind nach UN-Angaben aus der Stadt geflohen. In Damaskus erreichten die Kämpfe nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte erstmals seit 17 Monaten auch die traditionellen Christenviertel Bab Tuma und Bab Sharqi im historischen Zentrum der Hauptstadt.

Präsident Baschar al Assad sprach im Blick auf Aleppo von „der entscheidenden Schlacht im Kampf gegen die Terroristen“ und nannte die Armee „das Rückgrat des Vaterlandes“. Der Feind sei inzwischen „unter uns“, er nutze fremde Agenten, um das Land und die Sicherheit seiner Bürger zu destabilisieren, sagte er. „Ihr Männer des Landes, ihr habt in diesem Krieg gegen die terroristischen Banden bewiesen, dass ihr eisernen Willen und ein klares Bewusstsein besitzt“, sagte Assad bei seiner Rede zum 67. Jahrestag der Gründung der Armee.

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