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Politik: Schlechte Noten für Athens Politiker

Die Griechen gehen nach den Unruhen verunsichert ins neue Jahr – das Vertrauen in Parteien und Regierung ist auf dem Tiefststand

Brennende Geschäfte und abgefackelte Autos, Passanten auf der Flucht vor Molotowcocktails und Tränengasgranaten: Diese Schreckensbilder werden viele Griechen bis weit ins neue Jahr hinein verfolgen. Die Welle der Gewalt, die am 6. Dezember mit dem Tod eines 15-Jährigen durch eine Polizeikugel begann und immer noch nicht ganz abgeebbt ist, hat das Vertrauen der Griechen in viele Institutionen schwer erschüttert.

Wie verunsichert die Bürger jetzt sind, zeigt eine im Auftrag der Athener Zeitung „Kathimerini“ vom Meinungsforschungsinstitut Public Issue erhobene Umfrage. Die Demoskopen fragten, wie viel Vertrauen die Bürger in ihre Institutionen setzen. Zur Auswahl standen 48 Kategorien, von den Elektrizitätswerken über die Europäische Union bis zu den Gewerkschaften. Das Ergebnis ist vor allem für die Politiker niederschmetternd: Die Regierung landete in der Vertrauensskala auf dem vorletzten Platz, die politischen Parteien auf dem letzten. Das griechische Parlament schaffte es gerade mal auf Rang 36. Am meisten Vertrauen setzen die Hellenen in die Feuerwehr, die sich während der jüngsten Unruhen gut bewährte. Auf Platz zwei rangiert der staatliche Wetterdienst, gefolgt vom Staatspräsidenten.

Die Ergebnisse der Befragung zeigten „eine verunsicherte, verängstigte und konservative Gesellschaft“, meint der griechische Politologe Georgios-Stylianos Prevelakis, der an der Pariser Sorbonne lehrt. Er diagnostiziert eine Entpolitisierung der griechischen Gesellschaft, einen Rückzug in kleine, paternalistische Welten, in denen Vaterfiguren wie der Präsident der Republik oder der Ombudsmann (Rang 4) und Institutionen wie die Athener Akademie (5) und die Streitkräfte (7) dominieren.

Für Ministerpräsident Kostas Karamanlis ist diese Vertrauenskrise eine weitere Hiobsbotschaft. Durch eine Serie von Skandalen bereits seit Monaten in der Defensive, steht der Premier nach den jüngsten Unruhen vor einem politischen Scherbenhaufen: 86 Prozent der Griechen, so eine Umfrage, sehen das Land „auf dem falschen Weg“. Auch die Finanzkrise setzt der Regierung zu: 77 Prozent der Bürger haben kein Vertrauen mehr in die Wirtschaftspolitik. Bei der Sonntagsfrage fiel die regierende Nea Dimokratia (ND) inzwischen auf den niedrigsten Stimmenanteil in der 34-jährigen Geschichte der Partei zurück. Die oppositionellen Sozialisten liegen mit bis zu sechs Prozentpunkten vorn. Auch bei der Frage nach dem geeigneteren Regierungschef liegt Oppositionsführer Giorgos Papandreou vor dem Amtsinhaber Karamanlis. Der brütet unterdessen über einer Regierungsumbildung – in der Hoffnung, dass ihn eine neue Mannschaft aus dem Stimmungstief ziehen kann. Dass er die regulär im September 2011 endende Legislaturperiode durchhält, gilt als unwahrscheinlich.

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