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Politik: Schmidt hält Forderungen der Ärzte für unbezahlbar

„Woher sollen 30 Prozent Gehaltserhöhung denn kommen?“ / Am Freitag sollen wieder Praxen geschlossen bleiben

Berlin - Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) lehnt die Forderung der Klinikärzte nach 30 Prozent mehr Gehalt als unbezahlbar ab. „Woher sollen die denn kommen?“, fragte die SPD-Politikerin am Montag im ARD-Morgenmagazin. „Wunder oder plötzliche Geldsegen gibt es nirgendwo.“ Auch die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, auf die eine Beitragserhöhung zukäme, hätten in den vergangenen Jahren Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. Die Entwicklung habe das ganze Land betroffen. Die Forderungen der Klinikärzte und der niedergelassenen Ärzte summierten sich auf zehn Milliarden Euro, sagte Schmidt. Das wäre ein voller Prozentpunkt Aufschlag beim Beitragssatz der Krankenkassen. Die Ministerin forderte die Klinikärzte und die Länder erneut auf, schnell zu verhandeln und eine Lösung zu finden.

Den niedergelassenen Ärzten, die am kommenden Freitag in Berlin für bessere Honorare demonstrieren wollen, bot sie ihrerseits Gespräche an. „Lassen sie uns an einen Tisch setzen“, forderte die Ministerin. Es gehe um eine grundsätzliche Neuregelung der Ärztehonorare. „Da sind alle aufgefordert mitzumachen.“ Wegen des Streiks in Universitätskliniken sieht Schmidt bereits negative Auswirkungen auf die Patientenversorgung. Der Leidtragende sei der Patient, das könne niemand bestreiten, sagte sie.

Beim Ärztestreik, der am Montag ausgeweitet wurde, waren neben zehn Universitätskliniken erstmals auch fünf psychiatrische Landeskrankenhäuser betroffen. Schwerpunkte bildeten Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Für diesen Dienstag plant der Ärzteverband Marburger Bund eine weitere Verschärfung des Arbeitskampfes, um der Forderung nach höherer Bezahlung, geringeren Arbeitszeiten und einem arztspezifischen Tarifvertrag Nachdruck zu verleihen. Dann sollen weitere Universitäts- und Landeskliniken hinzukommen, erstmals auch in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Für Mittwoch plant der Marburger Bund eine Großkundgebung in Hannover. Verbandschef Frank Ulrich Montgomery betonte erneut, das bisher vorgelegte Angebot der Arbeitgeber zur Vergütungsfrage sei unannehmbar und realitätsfern.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnte im Falle eines hohen Tarifabschlusses für die Unikliniken vor einem „Flächenbrand“, da auch Ärzte von privaten und kirchlichen Trägern dann erheblich mehr Geld verlangten.

Der Länder-Verhandlungsführer, Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), schlug eine Zulage vor, um Ärzte auch an nicht so attraktive Orte zu locken. Dies werde teilweise schon im Osten praktiziert, auch wenn es nicht zulässig sei. „Das kann im Tarifvertrag zulässig gemacht werden“, sagte Möllring der „Financial Times Deutschland". Zugleich bekräftigte er seine Forderung nach einer allgemeinen Wochenarbeitszeit von 42 Stunden für Ärzte.

Für Freitag haben mehr als 40 freie Ärzteverbände erneut zu einem „Tag der Ärzte“ aufgerufen. Der Hartmannbund als einer der Veranstalter rechnet nach Angaben eines Sprechers mit mehr als 20 000 Teilnehmern zu Kundgebungen vor dem Roten Rathaus und dem Brandenburger Tor in Berlin. Bundesweit bleiben Arztpraxen geschlossen.

Das Land Hessen und der Marburger Bund erarbeiten unterdessen unabhängig von den Ärztestreiks in anderen Bundesländern einen spezifischen Tarifvertrag für ihre Universitätsmediziner. Darauf einigten sich die Verhandlungspartner am Montag in Wiesbaden. „Wir müssen darin die Besonderheiten berücksichtigen, die nicht für den gesamten öffentlichen Dienst gelten“, sagte Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU). Der Verhandlungsführer der Ärzte, Lutz Hammerschlag, lobte das sachlich-fundierte Gespräch. Hessen hat 2004 die Tarifgemeinschaft deutscher Länder verlassen und verhandelt nun für seine knapp 2000 Ärzte an den Uni- Kliniken erstmals alleine.

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