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Politik: Schmidt: Unionspläne wären das Ende der gesetzlichen Krankenkassen

Die Gesundheitsministerin warnt vor Wahltarifen und hohen Eigenbeteiligungen / 360 000 Menschen wechselten im vergangenen Jahr zu privaten Versicherern

Berlin. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat der Union vorgeworfen, deren Pläne für eine Gesundheitsreform würden „das Ende der gesetzlichen Krankenkassen bedeuten“. Nach Rechnungen ihres Ministeriums würde der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) 7,5 Milliarden Euro an Beitragseinnahmen entzogen, sollten CDU und CSU Wahltarife und Eigenbeteiligungen einführen. „Es darf kein Angebot geben, Leistungen abzuwählen“, forderte die Ministerin am Montagabend bei einer Tagung der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK). Reduzierte Beitragssätze im Gegenzug für einen Verzicht auf Leistungen würden nur den Jungen und Gesunden nutzen.

Die Union will im Fall eines Wahlsieges Versicherten die Möglichkeit bieten, Leistungen ab- oder hinzuzuwählen. Außerdem sollen Beitragsermäßigungen möglich sein, wenn ein Patient eine Eigenbeteiligung von voraussichtlich 500 Euro zahlt. Deswegen und weil Unions-Gesundheitsexperte Horst Seehofer darüber hinaus angekündigt hat, die Budgets bei Arzthonoraren und Krankenhäusern zu kippen, sieht Schmidt einen Anstieg der Krankenkassenbeiträge programmiert, sollte die Union im September die Regierung übernehmen.

Die Gesundheitsministerin will dagegen die monatliche Verdienstgrenze hinaufsetzen, ab der neue GKV-Mitglieder in eine private Versicherung wechseln können. Die so genannte Versicherungspflichtgrenze soll von derzeit 3375 Euro auf 4500 Euro steigen. Damit will sie jungen, gut verdienenden Menschen den Wechsel erschweren.

Seit Dezember 2001 haben rund 380 000 Versicherte der GKV den Rücken gekehrt, die Zahl der Mitglieder sank damit auf 50,8 Millionen. Das besagt die jüngste Mitgliederstatistik der GKV. Nach Angaben des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen (BKK) dürfte ein Großteil dieser Versicherten inzwischen privat versichert sein. Für die gesetzliche Kassen bedeutet das nach Schätzungen des BKK-Verbandes einen Einbruch von rund einer Milliarde Euro an Einnahmen.

Die privaten Krankenversicherungen legen jedoch eine andere Statistik vor. Christian Weber vom Bundesverband der privaten Krankenversicherungen (PKV) rechnet für das gesamte Jahr 2002 mit mehr Zugängen als im Vorjahr. 2001 wechselten 360 000 Personen zu den privaten Kassen. Die „Drohung von Frau Schmidt“, den Wechsel in die PKV zu erschweren, bewirke ein bisschen, löse aber bisher noch keinen Boom aus, sagt PKV-Vertreter Weber. Allerdings sei die Zahl der Anfragen von Leuten gestiegen, die sich vorsorglich erkundigen, bis wann sie sich noch die Versicherung wechseln könnten.

Auch zwischen den gesetzlichen Krankenkassen lassen sich Wanderungsbewegungen erkennen. Einen regen Zulauf verzeichneten in den vergangenen Monaten die kleinen Betriebskrankenkassen (BKK), die Versicherte oft mit günstigeren Beiträgen locken. Im Schnitt liegen die Tarife der 160 BKKs bundesweit mit 13 Prozent um etwa einen Prozentpunkt niedriger als in der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt. In den ersten sieben Monaten des Jahres gewannen die BKKs 485 000 Mitglieder dazu. Mit 9,4 Millionen Versicherten sind sie die drittgrößte gesetzliche Kassenart. Unter Druck geraten vor allem die Orts- und Ersatzkrankenkassen, die Versicherte sowohl an die BKKs als auch an die privaten Kassen verlieren. Insgesamt bleiben sie aber die mitgliederstärkste Kassenart. Cordula Eubel

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