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Schmiergeldprozesse: Schweiz blockiert Beweismittel

Die Schweizer Justiz will die Verwertung von Beweisen in den Schmiergeldverfahren um die Aktivitäten des Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber verhindern. Das Verfahren gegen Max Strauß könnte davon betroffen sein.

Bern/Augsburg - Das Schweizer Bundesamt für Justiz untersagt den deutschen Justizbehörden die Verwendung der Schweizer Bankunterlagen Schreibers als Beweismittel, weil es sich getäuscht fühlt. Die Unterlagen dienten als wesentliche Beweise in den Prozessen um ein Fuchs-Panzer-Geschäft des Thyssen-Konzerns mit Saudi-Arabien, bei dem 220 Millionen Mark Schmiergeld geflossen sein sollen.

"Wir bitten Sie darum, sämtliche Vorkehrungen zu treffen, damit die von der Schweiz übersandten Beweismittel in keiner Weise zur Beurteilung des oben erwähnten Sachverhalts verwendet werden", heißt es in einem Schreiben aus Bern an das Bundesjustizministerium in Berlin, das dem ARD-Magazin "Report München" vorliegt. Die zwei ehemaligen Thyssen-Manager Jürgen Maßmann und Winfried Haastert, der frühere Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls sowie der Sohn des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, Max Strauß, wurden in diesem Zusammenhang verurteilt.

Neuauflage des Strauß-Prozesses beginnt am 11. Dezember

Das Bundesjustizministerium bestätigte die Existenz des Schreibens. Die Schweiz gewähre Rechtshilfe nur in Verfahren wegen Steuerbetrugs, aber nicht bei Steuerhinterziehung. Nun sei es Aufgabe der Augsburger Staatsanwaltschaft, zu prüfen, ob sich ihre Anklage gegen Strauß mit dieser Einschränkung vereinbaren lasse. Die Neuauflage des Steuerhinterziehungsprozesses soll am 11. Dezember in Augsburg beginnen. Strauß wird vorgeworfen, 2,6 Millionen Euro an Provisionen erhalten, aber nicht versteuert zu haben.

Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums betonte aber, die Blockade der Beweismittel durch die Schweiz habe keine direkt bindende Wirkung für deutsche Anklagebehörden und Gerichte. Es müsse jeweils im konkreten Verfahren entschieden werden, ob die Beweismittel verwertet würden oder nicht. Allerdings könne diese Entscheidung dann in weiteren Instanzen überprüft werden. Letztendlich gebe es auch ein völkerrechtliches Beweisverwertungsverbot.

"Völlig neue Rechtslage"

Die Schweizer Justiz beklagt, von der Staatsanwaltschaft Augsburg durch eine Täuschung zur Herausgabe der Bankbelege Schreibers veranlasst worden zu sein. So seien in dem Augsburger Rechtshilfe-Ersuchen von 1996 wesentliche Tatsachen verschwiegen worden. Die Rechtshilfe sei deshalb "zu Unrecht bejaht worden", heiße es in dem aktuellen Schreiben nach dem Bericht von "Report München". Womöglich sei davon auch das Auslieferungsverfahren Schreibers von Kanada nach Deutschland betroffen.

Der Ordinarius für Wirtschaftsstrafrecht an der Uni München, Klaus Volk, sagte: "Wenn sich die bisher ergangenen Urteile auf die nun von der Schweiz gesperrten Dokumente stützen, bricht ein tragender Pfeiler des Beweisgebäudes weg." Haasterts Verteidiger Walter Lechner betonte, die Schweizer Intervention schaffe "eine völlig neue Rechtslage. (Von Ulrich Meyer, ddp)

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