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Scholz lehnt Grundeinkommen ab: Hat der SPD-Kanzlerkandidat das S vergessen?

Olaf Scholz bezeichnet das Grundeinkommen als „neoliberal“. Für die SPD ein Armutszeugnis. Die Partei verprellt damit potenzielle Wähler. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wofür steht das „S“ in SPD noch? Ach ja: für sozial. Immer mal wieder kann man denken, es sei ihr abhanden gekommen. Das war so bei einigen Elementen der Agenda 2010, was ihr bis heute nachhängt, das ist so bei einer nur kritischen Sicht aufs Grundeinkommen.

Und wenn sie nicht aufpasst, wird das die SPD begleiten, im kommenden Wahlkampf, wo der Genosse Finanzminister auch Kanzler werden will, Olaf Scholz. Anstatt sich den Plan vom Grundeinkommen über der Armutsgrenze zu eigen zu machen, wird er in Frage gestellt. Scholz meint zum Grundeinkommen: „Das wäre Neoliberalismus. Und wenn man fair und richtig rechnet, ist das auch unbezahlbar.“

Bei der SPD wird alles kompliziert, was mitunter mit einer entschiedenen, entschlossenen Haltung zu bewerkstelligen wäre. Irgendwie wirken die Genossen, besser: einige, in der Hinsicht so, als fürchteten sie, als echte, nicht rechte Sozialdemokraten enttarnt zu werden. Gerade ist das so bei Olaf Scholz. 

Der war und ist ein Agenda-Mann. Dumm nur, dass die Menschen, die das Grundeinkommen anspricht, die sind, die sie (noch) wählen. Wenig genug sind es ja. Die anderen, früher sagte man: die da oben, tun es sowieso eher nicht. Von denen unterstützen aber sogar einige die Idee des - bedingungslosen - Grundeinkommens, die klassisch sozial und demokratisch ist: Der Staat überweist monatlich einen festen Betrag an alle Bürger, unabhängig von deren Kontostand und ohne Gegenleistung.

Experiment zum Grundeinkommen: 1200 Euro für 1500 Menschen – drei Jahre lang

Das ist die Vision eines Sozialstaats der Zukunft, einer gerechteren Gesellschaft möglichst ohne größere Existenzängste.

Zu teuer? Wer geht dann noch arbeiten? Um Antworten zu finden, haben das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern und der Verein „Mein Grundeinkommen“, der seit 2014 für die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens wirbt, jetzt eine groß angelegte Studie angelegt. 1200 Euro pro Monat für drei Jahre an 120 Menschen. Die Zahl soll vergrößert werden, des Ansturms der Interessierten wegen.*

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Das zu unterstützen, ist schon mal der erste Weg, Ablehnung hier nicht das beste Programm.

Nicht für die SPD, nicht für einen, der für diese Partei ins Kanzleramt will. Warum? Weil die Hälfte der Deutschen laut DIW für ein bedingungsloses Grundeinkommen ist. Ja, logisch, die Einkommensschwächeren. Aber eben auch viele Jüngere, gut gebildet, politisch eher links.

Und in diesen Zeiten der Coronakrise Selbstständige, die auf finanzielle Hilfe bauen. Es gibt schon eine Online-Petition dazu, mit einer halben Million Unterstützer für ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Eigentlich Stoff für eine gute soziale Agenda, sagen wir: eine Agenda 2030. Und vorher für ein gutes SPD-Wahlergebnis.

*) Der Text wurde an der Stelle am 21.8. um 15.15 Uhr aktualisiert.

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