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Schreibregeln: Bayern und NRW wollen Rechtschreibreform verschieben

Um die deutsche Rechtschreibung gibt es erneut Verwirrung: Bayern und Nordrhein-Westfalen wollen die Einführung der neuen Schreibregeln überraschend verschieben.

Hamburg (16.07.2005, 17:57 Uhr) - Das berichten «Der Spiegel» und «Bild am Sonntag». Beide Länder warten demnach, bis der Rat für deutsche Rechtschreibung in den nächsten Monaten seine Empfehlungen für Korrekturen an dem seit Jahren heftig umstrittenen Regelwerk vorlegt.

Damit stellen sich die Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (Bayern/CSU) und Jürgen Rüttgers (NRW/CDU) gegen die Kultusministerkonferenz (KMK): Diese hatte Anfang Juni einstimmig beschlossen, die unstrittigen Teile der Reform zum 1. August für Schulen und Behörden verbindlich werden zu lassen. «Wir sind verwundert und erstaunt», sagte die KMK-Vorsitzende und brandenburgische Kultusministerin Johanna Wanka (CDU) am Samstag der dpa.

Stoiber kündigte in der «Bild am Sonntag» an: «Bayern wird die Rechtschreibreform zum 1. August nicht in Kraft setzen. Wir wollen warten, bis der Rat für Rechtschreibung in den nächsten Monaten seine Empfehlungen für Korrekturen vorlegt.» Diese wolle er dann übernehmen. Es mache keinen Sinn, die Reform jetzt verbindlich einzuführen und schon im nächsten Jahr wieder Änderungen vorzunehmen, ergänzte Stoiber.

«Der Spiegel» berichtete zudem, dass Bayern die bisher geltende Übergangsfrist, in der außer den neuen auch die alten Schreibweisen gültig waren, «bis auf weiteres verlängern» will. Dieser Entscheidung habe sich auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident angeschlossen. «Wir wollen den Empfehlungen des Rates zum Erfolg verhelfen», sagte Rüttgers dem Magazin.

Diesen Positionen könnte sich auch Niedersachsen anschließen: «Aus schulpraktischen und pädagogischen Gründen wäre eine weitere, zeitlich befristete Beibehaltung der gegenwärtigen Übergangsregelung besser als die beschlossene Neuregelung», sagte CDU-Ministerpräsident Christian Wulff der «Welt am Sonntag». Darüber werde das niedersächsische Kabinett am Dienstag beraten. Widerstand formiere sich jedoch in Hessen: Ein Sprecher der CDU-Landesregierung sagte der Zeitung: «Wir bleiben bei dem, was vereinbart worden ist.»

«Wir haben zuvor keine Signale erhalten», sagte Johanna Wanka zu dem Vorstoß von Stoiber und Rüttgers. Was beide damit bezweckten, könne sie nicht sagen. «Die Kultusminister haben sich mit ihren Beschlüssen an das gehalten, was die Ministerpräsidenten wollten», ergänzte Wanka. Für die Schülerinnen und Schüler entstehe mit der Forderung einmal mehr eine große Verunsicherung. Sie wies darauf hin, dass die mit viel Mühe gefundenen und nun erneut in Frage gestellten Regelungen auch in Österreich und der Schweiz in Kraft treten sollen.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung will bis Sommer 2006 die noch strittigen Reformteile überarbeiten. Dabei soll nicht das Regelwerk, sondern der Sprachgebrauch in den Mittelpunkt gerückt werden. «Im Rat ist der Konsens da, dass man dem Volk aufs Maul schauen muss», hatte der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair (CSU) Anfang Juli gesagt. (tso)

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