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Politik: Schröder gedenkt – Rumänen und Bulgaren hoffen

Berlin - Von dieser Kanzlerreise hätten in Deutschland wenige Notiz genommen, der zweitägige Balkantrip von Gerhard Schröder nach Rumänien und Bulgarien ist Routine. Erst ein privater Termin rückte die Reise in den Mittelpunkt des Interesses: Schröder besucht an diesem Donnerstag im rumänischen Ceanu Mare zum ersten Mal das Grab seines Vaters Fritz Schröder, der 1944 gefallen war.

Berlin - Von dieser Kanzlerreise hätten in Deutschland wenige Notiz genommen, der zweitägige Balkantrip von Gerhard Schröder nach Rumänien und Bulgarien ist Routine. Erst ein privater Termin rückte die Reise in den Mittelpunkt des Interesses: Schröder besucht an diesem Donnerstag im rumänischen Ceanu Mare zum ersten Mal das Grab seines Vaters Fritz Schröder, der 1944 gefallen war. Für die Regierungen in Bukarest und Sofia hat der Besuch aus Berlin einen ganz anderen Stellenwert. Schließlich stehen Gespräche über den von beiden Ländern angestrebten EU-Beitritt im Jahr 2007 und Wirtschaftsfragen auf dem Programm.

Besonders über letzteres werden sich Rumäniens Premier Adrian Nastase und sein bulgarischer Kollege Simeon Sakskoburggotski freuen. 18 Manager – unter anderem von Siemens, Eon und EADS – begleiten den Kanzler. Auf rund eine Milliarde Euro beziffert die Regierung das Investitionsvolumen der Verträge, die während der Reise unterzeichnet werden sollen. Bulgarien hat zwar Mitte Juni alle 31 von der EU geforderten Verhandlungen vorläufig abgeschlossen, Rumänien hat nur noch fünf offen. Dennoch hält die EU die Probleme beider Länder für so groß, dass erwogen wird, Klauseln in das Vertragswerk einzubauen, damit Bukarest und Sofia die versprochenen Reformen umsetzen. Erweiterungskommissar Günter Verheugen hält sogar eine Verschiebung des Beitritts auf 2008 für möglich.

Die Nachbarstaaten beäugen sich seit jeher skeptisch, doch ihre Probleme sind ähnlich: Armut, Korruption, organisierte Kriminalität und Defizite in den Verwaltungen. „Ein großes Problem für die Regierung in Bukarest ist, dass die Privatisierung verschleppt worden ist. Und Korruption blüht immer an der Schnittstelle zwischen Staat und Privatwirtschaft“, sagt Anneli Ute Gabanyi, Rumänien-Expertin der Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik. Sie sieht die Entwicklung des Landes positiver als die EU – und als viele ihrer rumänischen Landsleute. Von Rumänien gebe es wegen Ceausescu-Diktatur, Waisenheim-Skandalen oder leerer Staatskasse ein stereotypes Negativbild: „Zudem sind die Rumänen Meister in negativer Selbstwahrnehmung.“ Dies sei ein wesentlicher Grund für das schlechte Image des Landes, das sich auch in Brüssel auswirke. „In den Verhandlungen geht es ja auch immer um Glaubwürdigkeit.“

In der Tat macht die wirtschaftliche Entwicklung Hoffnung – auch wenn die Bevölkerung nur langsam davon profitiert. Der monatliche Durchschnittslohn liegt bei 150 Euro (Bulgarien: 145). Die ausländischen Investitionen steigen nach langer Stagnation langsam an, obwohl auch deutsche mittelständische Unternehmer nach wie vor fehlende Rechtssicherheit beklagen. Deutschland ist nach Italien zweitwichtigster Handelspartner. „Für Bukarest wird viel davon abhängen, ob die EU dem Land im nächsten Fortschrittsbericht eine funktionierende Marktwirtschaft bestätigt“, sagt Gabanyi.Bulgarien hat dies von Brüssel attestiert bekommen. Doch auch wenn der Tourismus – einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren – wieder boomt, „wird es auch in Bulgarien noch lange dauern, bis sich die Angleichung an EU-Standards für die Bevölkerung positiv auswirkt“, sagt Johanna Deimel, Vizegeschäftsführerin der Münchner Südosteuropa-Gesellschaft. Auch sie kritisiert die Korruption und verweist auf die Affäre um den Leiter des bulgarischen Olympischen Komitees, Ivan Slawkow.

Es werde sich zeigen müssen, ob Sofia die angekündigten Reformen beherzt umsetzt oder „ob es sich bei manchen Reformprojekten eher um Lippenbekenntnisse handelt“, sagt Deimel. Bulgarien sei wie Rumänien stolz auf seine neue Vollmitgliedschaft in der Nato. Nach dem Ende des Kommunismus habe das Land – damals wichtiger Außenposten Moskaus – aber große Probleme gehabt, sich von der Sowjetunion zu verabschieden: Nach den großen Hoffnungen, die von der Bevölkerung in den Ministerpräsidenten Sakskoburggotski gesetzt wurden, mache sich mittlerweile politische Apathie breit. Das Ziel der EU-Integration 2007 aber steht für die Bulgaren außer Frage.

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