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Politik: Schröder kürzt und streicht

Weniger Kündigungsschutz und Arbeitslosenhilfe, kein Krankengeld mehr / „Wir fordern mehr Eigenleistung“

Von Hans Monath

Berlin. Bundeskanzler Schröder hat einschneidende Reformen zur Sicherung des Sozialstaats angekündigt und von allen gesellschaftlichen Kräften Beiträge zur Überwindung der Krise verlangt. „Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fordern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen", sagte Schröder in seiner mit Spannung erwarteten Regierungserklärung am Freitag im Bundestag. Gleichzeitig drohte der Regierungschef Gewerkschaften und Wirtschaft mit gesetzlichen Eingriffen für den Fall, dass diese ihren Aufgaben nicht gerecht würden oder zu wenig Flexibilität zeigten.

In seinem unter dem Titel „Agenda 2010" zusammengefassten Programm kündigte Schröder an, die Lohnnebenkosten zu senken, Leistungen für Arbeitslose zu kürzen, Arbeitslosen- und Sozialhilfe „in der Regel“ auf dem Niveau der Sozialhilfe zusammenzulegen, kommunale Investitionen zu fördern und den Kündigungsschutz für Kleinbetriebe zu lockern.

Schröder bekannte sich zwar grundsätzlich zu Mitbestimmung und Flächentarifvertrag. Die Tarifparteien forderte er aber auf, Öffnungsklauseln zu nutzen, um betriebliche Bündnisse für Arbeit zu schließen. „Geschieht dies nicht, wird der Gesetzgeber zu handeln haben", betonte der Kanzler. Die SPD-Linke hatte in den vergangenen Tagen entschieden vor einem solchen Schritt gewarnt. Der Regierungschef drohte aber auch der Wirtschaft mit einer Ausbildungsabgabe und forderte sie auf, genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. „Wenn nicht, werden wir im Laufe des nächsten Jahres zu einer gesetzlichen Regelung kommen", sagte Schröder. Die Vorschläge von Wirtschaftsminister Clement würden „ohne Abstriche umgesetzt“, kündigte Schröder an.

Seine Regierung werde „einschneidende Kurskorrekturen" zur Erneuerung des Gesundheitswesens angehen. Bei der Überarbeitung des Leistungskatalogs würden auch Leistungen gestrichen, sagte Schröder. So sollen zwar der Zahnersatz und die Versicherung gegen Sportunfälle Kassenleistungen bleiben; dafür sollen das Krankengeld privat versichert und das Mutterschaftsgeld künftig aus Steuermitteln bezahlt werden.

Die Opposition zeigte sich enttäuscht. „Der große Wurf war das nicht", sagte CDU-Chefin Merkel. Gleichwohl bot sie der Regierung Zusammenarbeit an. CSU-Chef Stoiber hielt dem Kanzler vor, er räume nun ein, was er lange bestritten habe, dass nämlich „Deutschland ein Sanierungsfall“ sei. Doch seien Schröders Vorschläge angesichts der bisherigen Regierungspolitik „schizophren“. FDP-Chef Westerwelle sagte, vom angekündigten Ruck bleibe „nur ein bisschen Vibration“. Verdi-Chef Bsirske nannte die Vorschläge „unsozial“.

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