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Politik: Schröder: Wir machen mehr Schulden

Defizit steigt dieses Jahr erheblich / Ausgaben werden nicht weiter gekürzt / Eichel gibt sein zentrales Sparziel auf

Berlin. Einen ausgeglichenen Bundesetat im Jahr 2006 halten sowohl Bundeskanzler Gerhard Schröder als auch Finanzminister Hans Eichel für nicht mehr erreichbar. „Für ein Budget 2006 ohne Neuverschuldung bräuchten wir Wachstumsraten, die ich nicht erwarten kann“, sagte Schröder im Interview mit dem Tagesspiegel am Sonntag. Eichel räumte derweil ein Scheitern seiner Sparziele ein. In diesem Jahr werde die Neuverschuldung weit über den geplanten 18,9 Milliarden Euro liegen. Sein Ministerium rechnet mit 30 Milliarden. CDU-Chefin Merkel forderte indirekt Eichels Rücktritt. Dieser stehe vor dem „Scherbenhaufen seiner Politik“.

Das Vorhaben, 2006 einen ausgeglichenen Etat vorzulegen, sei „nicht mehr zu schaffen. Es sei denn, es geschieht ein Wunder“, räumte Eichel im „Spiegel“ ein. Schröder sagte, er sei weder bereit, die Staatsausgaben weiter zu kürzen noch die geplante Steuerreform aufzugeben, um dieses Ziel zu erreichen. Ein Sprecher des Finanzministers widersprach einem Bericht, wonach Eichel intern mit Rücktritt gedroht habe, falls auch 2004 das EU-Defizitkriterium nicht eingehalten werde. Merkel sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, um einen „Neuanfang“ in der Haushaltspolitik zu ermöglichen, wäre es besser, „dass Herr Eichel persönlich Konsequenzen zieht“. Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz sagte in der ARD, Eichel habe in seinem Ministeramt „nichts mehr zu suchen“.

Schröder machte deutlich, dass der Reformbedarf mit der Umsetzung der Agenda 2010 noch nicht gedeckt sei. „Bei einer so schnellen Veränderung der ökonomischen Basis unserer Gesellschaften in Europa ist die Notwendigkeit zu reformieren ein permanenter Prozess.“ Die Agenda sei bereits „ein gewaltiger Kraftakt. Aber mit der Agenda ist Politik für diese Legislaturperiode ja nicht an ihr Ende gekommen.“ Der SPD- Streit über die Reformpläne ist nach Auffassung Schröders noch nicht beendet. Doch könne man davon ausgehen, dass es auf dem Sonderparteitag am 1. Juni eine Mehrheit für die Agenda geben werde.

Schröder deutete Kompromissbereitschaft in der Frage der Arbeitslosen über 55 Jahre an. Mit Blick auf die Bedenken in der SPD sagte er: „Das muss heißen, dass man sich um diese Menschen kümmert“. Ein Vorziehen der Steuerreform und eine Alkoholsteuer lehnte er ab. Eichel schließt derweil eine höhere Mehrwertsteuer nicht mehr aus. „Ich will sie nicht. Aber ich spiele das Spiel nicht alleine“, sagte er der ARD.

Markus Feldenkirchen

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