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Das Rathaus von Braunschweig. Die niedersächsische Großstadt ist frei von Kassenkreditschulden.

© dpa

Schulden der Kommunen: Vor allem westdeutsche Städte in der Kreide

Im Süden und Osten sieht es bei den Kommunalschulden relativ gut aus, aber im Westen der Republik stecken einige Städte in der Überschuldungsfalle. Essen hat dreimal so hohe Kassenkreditschulden wie alle Kommunen in Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg zusammen.

Die Kommunen sind in Deutschland regional sehr ungleich verschuldet. Während der Umfang der sogenannten Kassenkredite in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen niedrig und in den weiteren ostdeutschen Ländern sowie Schleswig-Holstein unterdurchschnittlich ist, haben die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland sehr hohe Schulden aufgehäuft. In diesen vier Ländern kommen auf jeden Einwohner etwa 1350 Euro an Kassenkreditschulden. In den vier soliden Ländern sind es dagegen nur 31 Euro. Die Kassenkredite – die eigentlich nur zur Überbrückung von kurzfristigen Liquiditätslücken dienen sollten – machen mit 48 Milliarden Euro mittlerweile mehr als ein Drittel der kommunalen Gesamtverschuldung von über 130 Milliarden Euro aus.
„Die Spaltung in reiche und arme Kommunen vertieft sich“, sagt die Kommunalexpertin der Bertelsmann-Stiftung, Kerstin Witte. „Viele Städte scheinen in einer Abwärtsspirale aus Überschuldung, Abwanderung und sinkender Attraktivität gefangen.“ Die Stiftung ruft in ihrem am Dienstag veröffentlichten Finanzreport zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund, Ländern, Kommunen und Bürgern auf.
Allerdings stützen die Zahlen des Reports die Dramatik der Aussage nicht ganz. Denn neben den regionalen Ungleichgewichten geht aus der Studie hervor, dass mehr als die Hälfte der Kassenkredite auf nur 30 Städte und Landkreise entfällt (insgesamt gibt es in der Bundesrepublik fast 400). Davon liegen 19 in Nordrhein-Westfalen. Allein Essen ist hier mit mehr als zwei Milliarden Euro dreimal so hoch verschuldet wie alle Kommunen in Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Daneben ist vor allem die Haushaltslage von Oberhausen, Pirmasens, Kaiserslautern, Hagen , Remscheid, Mainz und Wuppertal angespannt. Die Ballung der "Sorgenkinder" in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, beide rot-grün regiert, deutet auf landespolitische Defizite hin. Die Kommunen unterliegen bei ihrer Haushaltspolitik der Aufsicht durch die Landesregierungen. Während sich das Verschuldungsdrama vor allem auf den Westen der Republik konzentriert, kommen im Osten die nach wie vor fließenden Solidarpaktmittel auch den Kommunen zugute. Die Stadtstaaten sind von der Studie nicht erfasst.

Die Bertelsmann-Stiftung schlägt zur Abhilfe die Einführung einer Schuldenbremse auch für die kommunale Ebene vor. Der Deutsche Städtetag lehnt das jedoch vehement ab. Dessen Hauptgeschäftsführer Stephan Articus sagte, nötig sei eine „Aufgabenbremse“ für Bund und Länder, die den Kommunen zu viele Lasten übertrügen. Neue Regelungen zur Minderung der Verschuldung seien nicht nötig. "Vielmehr müssen die Länder genügend Mittel bereitstellen, damit die Kommunen vorhandene Schuldenbeschränkungen auch einhalten können", sagte Articus. Die Kommunen klagen seit Jahren über eine mangelhafte Geldausstattung gemessen an ihren Aufgaben. Der Bund hat allerdings in den letzten Jahren auch immer mehr Sozialleistungen ganz oder teilweise übernommen, die ursprünglich reine Kommunalangelegenheiten waren, etwa bei der Grundsicherung im Alter.

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