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Schuldenkrise: Abgeordnete verweigern Zustimmung zu Griechenlandhilfe

Abgeordnete aus allen Parteien lehnen das deutsche Hilfspaket ab – sie fordern neue Finanzmarktregeln. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert votierte bei der Probeabstimmung der Unionsfraktion gegen das Griechenlandhilfspaket.

Berlin - Einen besseren Kronzeugen hätte sich die Opposition gar nicht wünschen können. Ausgerechnet Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) votierte bei der Probeabstimmung der Unionsfraktion gegen das Griechenlandhilfspaket. In den Regierungsplänen fehlten Vorschläge für internationale Regeln, die eine Wiederholung der Finanzkrise verhindern könnten. „Ich bedaure sehr, dass dies bislang nicht in notwendigem Umfang gelungen ist“, meinte Lammert.

Damit liegt der CDU-Politiker beinahe auf der Linie von SPD und Grünen. Beiden Fraktionen gehen die bisherigen Ansätze der schwarz-gelben Koalition zur Verhinderung weiterer Finanzkrisen nicht weit genug. Sie wollen in den Verhandlungen über einen gemeinsamen Entschließungsantrag für die Abstimmung am Freitag erreichen, dass sich die Koalition zur Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer bekennt.

Die Resolution soll zusammen mit dem Gesetz zum Erhalt der Stabilität der Europäischen Währungsunion am Freitag im Bundestag beschlossen werden. Kanzlerin Angela Merkel strebt eine möglichst große parlamentarische Mehrheit dafür an. Das hat auch innenpolitische Gründe: Kurz vor der NRW-Wahl sollen Union und FDP nicht alleine die Verantwortung für die unpopuläre Entscheidung tragen. Außerdem gibt es auch in den eigenen Reihen erheblichen Unmut. Bei den Probeabstimmungen von Union und FDP verweigerten neben Lammert 24 Koalitionsabgeordnete die Zustimmung, darunter der frühere FDP-Fraktions- und Parteichef Wolfgang Gerhardt.

Bislang weigert sich die Koalition allerdings, auf die zentrale Forderung nach der Finanztransaktionssteuer einzugehen. Das Instrument machte nur Sinn, wenn es weltweit eingeführt werde, sagte der CSU-Landesgruppenvorsitzende Hans-Peter Friedrich am Dienstag. Sonst komme es zu „Verlagerungen" von Finanzströmen in andere Weltregionen. Auch die Liberalen warnen, die von SPD und Grünen vorgeschlagene neue europäische Steuer werde „Ausweichbewegungen um Europa herum“ schaffen und damit die Refinanzierung der griechischen Schulden erschweren. „Das wäre ein Risikoerhöhungsprogramm für den deutschen Steuerzahler“, sagte Finanzexperte Volker Wissing dem Tagesspiegel.

Die Koalition kann sich mit dieser Haltung auf Empfehlungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) berufen. Er empfahl kürzlich, nicht Finanztransaktionen zu besteuern, sondern Gewinne und Bonuszahlungen. Das IWF-Gutachten folgte US-Vorgaben und nicht den weiter gehenden Wünschen der Europäer. Auch die CDU hatte sich 2009 für eine internationale Finanztransaktionssteuer ausgesprochen. Am Montag erklärte Merkel in der ARD, sie sei immer noch für diese Steuer, „wenn alle sie einführen“. Mit Verweis auf die IWF-Empfehlung zur Besteuerung von Boni und Gewinnen sagte sie: „Das müssen wir uns anschauen.“

Ob das den Skeptikern in den eigenen Reihen wie Lammert und Gerhardt reicht, ist fraglich. SPD und Grüne werden sich damit ganz sicher nicht zufrieden geben.

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