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Schuldenkrise: Europa schlingert

Die Europäische Union sucht nach einer Lösung der Schuldenkrise, um die Finanzmärkte zu beruhigen. Die Politik kommt dabei aber nicht voran. Bundesbankpräsident Jens Weidmann kritisiert dazu auch Berlin.

Allerdings gab es am Mittwoch aus den europäischen Hauptstädten unterschiedliche Signale in der Frage, ob am Freitag ein EU-Sondergipfel stattfinden soll: Während in Berlin ein solches Treffen nicht unbedingt als zwingend gilt, machte die Regierung in Paris am Mittwoch ihre Zustimmung zu einem möglichen Sondertreffen deutlich. Dagegen sagte der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), dass die Euro-Finanzminister Anfang der Woche bereits alles auf den Weg gebracht hätten, was für ein weiteres Griechenlandpaket nötig sei.

Zusätzlichen Auftrieb erhielten die Diskussionen um eine starkes politisches Signal zugunsten der Währungsunion durch die Entscheidung der Rating-Agentur Moody’s, die Kreditwürdigkeit Irlands auf das Ramschniveau „Ba1“ herabzustufen. Für Irland, das im vergangenen Jahr unter den Euro-Rettungsschirm geschlüpft war, wird es damit noch schwieriger, sich an den Kapitalmärkten nach dem Auslaufen der EU-Hilfen wieder mit frischem Geld zu versorgen.

An den Anleihemärkten Spaniens und Italiens entspannte sich die Lage am Mittwoch wieder, nachdem am Vortag die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen Italiens in die Höhe geschnellt waren. Trotz der Beruhigung der Märkte gleichen die Aktionen der Politiker in den EU-Mitgliedstaaten sowie der Verantwortlichen in der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank bei der Lösung der Krise inzwischen einem Einsatz an mehreren Fronten. Sie müssen gleichzeitig bis September ein zweites Hilfspaket für Griechenland schnüren, dabei eine Beteiligung der Gläubiger zustande bringen und Italien vor einem Abgleiten in den Schuldensumpf bewahren. Am Mittwoch kündigte Italiens Finanzminister Giulio Tremonti an, dass das Parlament in Rom am Freitag ein Sparpaket in Höhe von 40 Milliarden Euro beschließen soll.

Nach Angaben der „Financial Times Deutschland“ wird in der Euro-Zone der Rückkauf griechischer Staatsanleihen mit Geldern des Rettungsschirms EFSF erwogen. Diskutiert werde ein Konzept, wonach Griechenland eigene Anleihen zurückkauft und dafür im Durchschnitt 50 Prozent des Nominalwertes zahlt, berichtete das Blatt. Die Verschuldung solle so von derzeit über 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 120 Prozent – absolut um 70 Milliarden Euro – gesenkt werden. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums wäre der EFSF rechtlich zur Finanzierung einer solchen Aktion in der Lage.

Bundesbankpräsident Jens Weidmann kritisierte unterdessen die Reaktion der Politik auf die Schuldenkrise. „Die Vielstimmigkeit in den öffentlichen Diskussionen der vergangenen Wochen“ habe „nicht dazu beigetragen, Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeit der Politik zu schaffen“, sagte Weidmann der „Zeit“. Insbesondere die von der Bundesregierung betriebene Beteiligung von Banken und Versicherungen an den Kosten der Rettung sei problematisch. Der Bundesbankpräsident sprach sich auch dagegen aus, zur Linderung der Krise die Zinsen auf die Rettungskredite zu senken oder dem europäischen Rettungsfonds zu erlauben, Staatsanleihen der Krisenländer zu kaufen. (mit rtr)

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