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Schuldenkrise: Wie wollen Spanien und Portugal vorgehen?

Nicht nur Griechenland kämpft gegen die Schuldenkrise. Spanien und Portugal, aber auch Länder außerhalb der Euro-Zone wie Großbritannien müssen ihr Haushaltsdefizit drastisch verringern, um sich zu stabilisierten. Wie wollen sie sparen?

SPANIEN

Auf die Spanier kommen schwere Zeiten zu. Regierungschef José Luis Zapatero verkündete am Mittwoch eine Verschärfung des Sparkurses. Ein „nationaler Kraftakt“ sei notwendig, um das Vertrauen in die spanische Wirtschaft wiederherzustellen. Getrieben von der Europäischen Union und den nervösen Finanzmärkten will Zapatero mit drastischen Maßnahmen die Sanierung des überschuldeten Staatshaushaltes beschleunigen. „Ich weiß, dass viele Bürger das nicht verstehen werden“, sagte der Sozialist. Aber die neuen Sparbeschlüsse seien „unverzichtbar“, um die Stabilität des Landes und der Euro-Zone zu sichern. Spanien gilt mit einem Rekorddefizit von 11,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im Haushalt 2009 und einer Arbeitslosenquote von mehr als 20 Prozent als eines der großen Sorgenkinder der EU. Die bisherigen Finanz- und Wirtschaftsreformen Zapateros waren von EU-Kommission, Euro- Gruppe, Weltbank und Analysten als nicht ausreichend eingeschätzt worden.

„Wir werden alle um größere Anstrengungen bitten“, sagte Zapatero. Die 2,5 Millionen Staatsdiener müssen schon von Juli an im Schnitt auf fünf Prozent ihres Einkommens verzichten. Spitzenbeamte und Regierungsmitglieder werden sogar bis zu 15 Prozent weniger bekommen. Zudem soll nur noch jede zehnte freie Stelle besetzt werden, was im ohnehin mangelhaften Bildungs- und Gesundheitssystem weitere Probleme provozieren dürfte. Auf die spanischen Rentner kommen Nullrunden zu. Für viele schmerzhaft dürfte auch die Kürzung der ohnehin geringen Familienförderung sein: Der einmalige Babyscheck in Höhe von 2500 Euro pro Neugeborenem fällt weg. Öffentliche Investitionen werden genauso zusammengestrichen wie die Entwicklungshilfe. Auch weitere Steuererhöhungen sind nicht ausgeschlossen. Im Juli 2010 steigt bereits die Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent.

Mit diesem härtesten Sparprogramm, das die Spanier bisher gesehen haben, soll das Haushaltsminus so schnell wie möglich verringert werden. Insgesamt will die Regierung bis 2013 mindestens 65 Milliarden Euro einsparen. Schon bis Ende 2011 hofft Zapatero, das Defizit von 11,2 Prozent (2009) auf sechs Prozent senken zu können. Spätestens 2013 soll es wieder unter die Euro-Stabilitätsgrenze von drei Prozent des BIP fallen.

PORTUGAL

Auch Lissabon verschärft seinen Sparkurs. Regierung und Opposition einigten sich am Donnerstag auf zusätzliche Einsparungen. Ministerpräsident José Sócrates bricht damit sein Versprechen, die Steuern nicht zu erhöhen. Der Sozialist will nach offiziellen Angaben unter anderem die Einkommensteuer um bis zu 1,5 Prozentpunkte anheben. Nur Bürger, die weniger als 475 Euro verdienen, werden verschont. Unternehmen sollen auf alle Gewinne eine zusätzliche Krisensteuer von 2,5 Prozent zahlen, die Bezüge von Politikern und Verwaltern öffentlicher Unternehmen werden um fünf Prozent reduziert. Zudem wird die Mehrwertsteuer von 20 auf 21 Prozent angehoben. Portugal will damit sein Haushaltsdefizit von 9,4 Prozent des BIP schon in diesem Jahr auf 7,0 Prozent reduzieren.

GROSSBRITANNIEN

Die Briten haben eines der größten Schuldenprobleme Europas. Das Haushaltsdefizit beträgt fast zwölf Prozent oder 163 Milliarden Pfund (192 Milliarden Euro), glaubt man dem Ende März von der nun abgewählten Labour-Partei vorgelegten Haushalt. Diese Zahlen könnten sich ändern, wenn der neue konservative Schatzkanzler George Osborne im Juli einen „Nothaushalt“ vorlegt. Denn dann werden die Zahlen von einem neuen, unabhängigen „Amt für verantwortliche Haushaltsführung“ erstellt. Der Haushalt solle kein „Werk der Fiktion“ mehr sein, kündigte Osborne an.

Nach dem Nothaushalt kommt im Herbst die mittelfristige Finanzplanung, die Labour ausgesetzt hatte. Schon beginnen Verhandlungen mit den Ministerien über harte Einschnitte. Nur wenige Bereiche sind ausgenommen, etwa Gesundheit, Schulen und Entwicklungshilfe. Aber gespart wird ab sofort. Binnen 50 Tagen sollen Kürzungen von umgerechnet rund sieben Milliarden Euro auf den Weg gebracht werden. Premier David Camerons Kabinett begann mit einem symbolischen Sparbeitrag: einer Gehaltskürzung von fünf Prozent für alle Minister. Das soll den drohenden Streit um den angekündigten Lohnstopp für Regierungsmitarbeiter und Einschnitte bei ihrer großzügigen Altersversorgung entschärfen. Die neue Koalition aus konservativen Tories und Liberalen hat sich zudem auf eine Erhöhung des Rentenalters auf 66 Jahre ab 2016 geeinigt. Niedrigeinkommen sollen durch eine drastische Erhöhung der Steuerfreibeträge entlastet und die Kosten durch höhere Steuern für Mittel- und Großverdiener wieder hereingeholt werden. Einkommen über 130 000 Pfund werden bereits mit 50 Prozent besteuert. Auch eine Bankenabgabe ist offenbar geplant.

Aber das ist wohl noch nicht alles. Volkswirte rechnen mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer – von 17,5 auf 20 Prozent. Außerdem ist im Sozialministerium Ex-Tory-Chef Iain Duncan Smith eingezogen. Er gilt als Befürworter einer grundlegenden Reform des Sozialsystems. Was Cameron am Montagabend in der Downing Street verkündete, klang bereits danach: Ihm schwebe eine Gesellschaft vor, „in der die Menschen nicht fragen, was steht mir zu, sondern, was ist meine Verantwortung“.

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