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Schuldenregelung: "Der ganze Keynes"

Der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) klang zufrieden: „Die große Finanzreform der sechziger Jahre hat nur den halben Keynes umgesetzt, wir setzen jetzt den ganzen Keynes um.

Berlin - “ Will heißen: Die von der Föderalismuskommission beschlossene neue Schuldenregel im Grundgesetz, die nun auch Tilgungspflichten vorschreibt, ist ein Schritt nach vorn. Denn am Tilgen hat es bisher gehapert im deutschen Schuldenstaat. Deubel gehört zu jenen Sozialdemokraten, die den Kompromiss in der Föderalismuskommission für vernünftig halten. Andere SPD-Politiker haben jedoch Probleme. Der Parteilinke Björn Böhning etwa sieht durch die strikteren Regeln die Handlungsfähigkeit des Staates zu sehr eingeschränkt. SPD-Fraktionschef Peter Struck, mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) Chef der Kommission, bürstete Böhning (und mit ihm andere Kritiker in der SPD-Linken wie den Kieler Fraktionschef Ralf Stegner) am Freitag kurz und bündig ab: „Böhning hat keine Ahnung“, befand Struck.

Deubel versteht die Aufregung der Kritiker ebenfalls nicht. Dadurch, dass in wirtschaftlich schlechten Zeiten durchaus Schulden gemacht werden dürfen (mit der Vorgabe der Tilgung in guten Zeiten) und dass auch eine Notverschuldung in außergewöhnlichen Situationen wie der jetzigen Finanzkrise erlaubt sei, ist laut Deubel „die Handlungsfähigkeit des Staates gegeben“.

Die am Donnerstag beschlossene Zuspitzung, den Ländern über das Grundgesetz ausdrücklich eine Nullverschuldung vorzuschreiben, hält zwar auch Deubel für verfassungspolitisch unglücklich. Aber weil der Bund für sich eine Schuldengrenze bei 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einziehe, sei es mit Blick auf die Länder nicht mehr gravierend, ob der Spielraum bei null oder etwas darüber liege. Maximal wären ohnehin nur 0,15 Prozent des BIP möglich gewesen. Da im deutschen Finanz- und Steuersystem nun einmal der Bund die Musik bestimmt, haben die Länder ohnehin wenig Spielraum. Wenn der Bund also eine vernünftige Konsolidierungspolitik betreibt, wozu laut Deubel auch der Verzicht auf massive Steuersenkungen gehört, ist das Ziel der Nullverschuldung nach Ansicht des Mainzer Ministers für die Länder machbar. Die umstrittene Grundgesetzformulierung sei ein „optisches Signal, das einige brauchten“, sagte Deubel dem Tagesspiegel.

Gemeint sind Union und FDP, vor allem in den finanzstärkeren Ländern. Diese wollten die Konsolidierungshilfen für Schuldensünder wie Bremen oder Berlin nur akzeptieren, wenn diese „Null“ via Grundgesetz für alle verbindlich eingeführt wird. Oettinger sagte dem Tagesspiegel, drei Bundesministerien hätten keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die neue Grundgesetzklausel. Linken-Fraktionsvize Bodo Ramelow hält dagegen, diese Prüfung betreffe nur frühere Grundgesetzpläne, nicht aber die jetzt gefundene Einigung in der Kommission. Die Festlegung der Landtage auf die Nullverschuldung benachteilige die Länder gegenüber dem Bund, moniert Ramelow. Neben Ramelow und Stegner sieht das auch der Berliner Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann sieht so: „Hier wird zu tief in die Eigenstaatlichkeit der Länder eingegriffen“, sagt er. Sollte es am 5. März bei der letzten Sitzung der Kommission nicht zu Änderungen kommen, sind wohl Klagen in Karlsruhe nicht auszuschließen. Albert Funk

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