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Schuldenstreit mit Italien: Was Italien der EU einbrockt

Die Populisten in Rom könnten die Eurozone in eine neue Schuldenkrise stürzen. Schon jetzt hemmt der Streit die europäische Integration. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Markus Grabitz

Die EU-Kommission hat im Schuldenstreit mit Italien bisher alles richtig gemacht. Sie hat nicht die Augen zugedrückt wie bei vorherigen Fällen. Sie hat vielmehr konsequent von ihren Möglichkeiten Gebrauch gemacht und der Populistenregierung in Rom das Stopp-Schild gezeigt. Und zwar in dem Moment, als die Truppe um den rechtsradikalen Lega-Chef und Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini daran ging, die Neuverschuldung des ohnehin in tiefroten Zahlen stehenden Landes nicht zu reduzieren, wie dies versprochen war, sondern massiv auszuweiten.

Was die Regierung in Rom mit Italien und Europa anrichtet, ist brandgefährlich. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie der Eurozone eine neue Staatsschuldenkrise einbrockt. Alle inzwischen aufgespannten Rettungsschirme der EU würden nicht ausreichen, um das Land vor der Pleite zu bewahren. Schon jetzt gelten Italiens Banken als kippelig, weil sie auf einem Haufen fauler Kredite sitzen.

Es ist das erste Mal, dass die Kommission den Entwurf für einen Staatshaushalt in eine Hauptstadt zurückgeschickt hat. Und es ist auch insofern eine Premiere, als die EU erstmals ein Defizitverfahren gegen ein Land einleitet, das zwar das Drei-Prozent-Kriterium einhält, aber ansonsten nicht daran denkt, die Staatsverschuldung insgesamt zurück zu fahren.

Klar, das nun angestoßene Defizitverfahren der EU dauert lang. Vermutlich ist die Regierung Guiseppe Conte schon längst nicht mehr im Amt, wenn es ernst wird und Italien konkret Strafzahlungen ins Haus stehen. Bis das Defizitverfahren scharf gestellt wird, werden die Finanzmärkte die Italiener zur Raison bringen. Die italienischen Staatsanleihen trennt schon jetzt wenig vom Ramschstatus. Hinzu kommt: Wenn Italien am Ende ist und in Brüssel um Hilfe bitten wird, werden die Dinge anders liegen als im Fall von Griechenland. Die Populisten in Rom haben sich so dreist über die Interessen der anderen Mitgliedstaaten hinweggesetzt, dass sie keine Hilfsbereitschaft erwarten dürfen.

Eine Regierung, die sich um Verabredungen nicht schert

Wer konsequent auf dem Ego-Trip unterwegs ist, kann in der Stunde der Not keine Solidarität erwarten. Unabhängig davon, wie das Schuldendrama um Italien ausgeht, steht schon jetzt fest, dass die Auseinandersetzung Folgen auf anderen Politikfeldern der EU haben wird. Alle Bestrebungen in der EU für eine Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten werden einen empfindlichen Dämpfer erfahren.

Wie auch immer man zu den einzelnen Vorhaben steht, in der Arbeitslosenversicherung über Ländergrenzen hinweg enger zusammen zu arbeiten, die Einlagensicherung der Banken verschmelzen zu lassen oder ein gemeinsames Budget für die Eurozone aufzulegen – die Regierungen in Berlin, Paris und Madrid werden hier massiv auf die Bremse treten. Angesichts von einer Regierung, die sich um Verabredungen nicht schert und auch noch versucht, bei der eigenen Bevölkerung damit Punkte zu machen, wird kein Politiker in Europa es wagen, auf lange Sicht den Wählern weitere Schritte der Integration zuzumuten.

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