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Sie sind beide 23 Jahre alt und nun neu für die Grünen im Bundestag: Emilia Fester und Niklas Wagener.

© Montage: Tagesspiegel, Fotos: Henning Angerer, Björn Friedrich

Schule, Studium, Bundestag: Das sind die jüngsten Abgeordneten im neuen Parlament

Grün, jung und neu im Bundestag: Niklas Wagener will sich für den Schutz der Wälder einsetzen. Emilia Fester will „der Jugend eine Stimme geben“.

Von Lisa Breuer

Schule, Studium, Bundestag. Das ist kein typischer Werdegang, doch Niklas Wagener hat sich genau diesen Weg ausgesucht. Der 23-Jährige ist am Sonntag durch seinen Listenplatz bei den Grünen in Bayern in den Bundestag eingezogen.

Sein Wahlkampslogan: Für den Wald nach Berlin. Wagener studiert Forstwirtschaft in Göttingen und will sein Studium während seines Mandats fortsetzen. In den Bundestag wollte er schon 2017 - damals war er 19 Jahre alt.

Wagener ist einer von vielen neuen Abgeordneten im Bundestag. Das Parlament hat sich mit dieser Wahl deutlich verjüngt, mittlerweile sind knapp 30 Prozent aller Abgeordneten unter 40 Jahre alt. Beim vorherigen Parlament waren es noch 15 Prozent. Außerdem sind die Fraktionen insgesamt etwas weiblicher und vielfältiger geworden.

Im neuen Bundestag sind 11,3 Prozent Abgeordnete mit Migrationshintergrund vertreten, das sind 3,1 Prozent mehr als noch 2017, trotzdem entspricht die Zahl lange nicht dem Anteil an der Gesamtbevölkerung. In Deutschland haben knapp 26 Prozent der Bürgerinnen und Bürger einen Migrationshintergrund.

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Trotzdem ist das Parlament diverser als noch 2017. Mit Awet Tesfaiesus (Die Grünen) zieht die erste Schwarze Frau in den Bundestag ein, mit Tessa Ganserer und Nyke Slawik von den Grünen sind die ersten beiden trans Frauen im Bundestag.

Emilia Fester plädiert für eine Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre.
Emilia Fester plädiert für eine Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre.

© Henning Angerer

Der Anteil der Frauen im Parlament steigt wieder, nachdem er 2017 das erste Mal seit 1949 rückläufig war. Aktuell sind 35 Prozent der Bundestagsabgeordneten Frauen. Vor vier Jahren waren es nur 31 Prozent.

Eine Abgeordnete, die das Parlament jünger und weiblicher machen, ist Emilia Fester (Grüne). Die 23-Jährige ist über die Landesliste der Grünen in Hamburg zum ersten Mal in den Bundestag eingezogen.

Fester ist circa zwei Wochen jünger als ihr Parteikollege Niklas Wagener und damit die jüngste Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Doch wenn es nach Fester ginge, würden noch jüngere Menschen im Parlament sitzen.

[Mehr zum Thema: Die Wahl und die Sorgen eines Flüchtlings: Haben die Deutschen denn gar keinen Mut zur Veränderung? (T+)]

Auch Personen, die gerade mit der Schule fertig sind, sollten in die Politik gehen können und ernst genommen werden, ohne „Altersdiskriminierung“ erfahren zu müssen, sagt Fester. „Alle Bevölkerungsgruppen haben ein Recht darauf, repräsentiert zu werden“, sagt sie dem Tagesspiegel.

Sie selbst sieht sich als „Jugendpolitikerin“. Ihre Vision im Bundestag: „Als jüngste Abgeordnete Politik für die Jugend machen“. So fordert sie zum Beispiel, das Wahlalter für die Bundestagswahl so schnell wie möglich auf 16 zu senken, langfristig möchte sie sogar „gar kein willkürliches Wahlalter“ mehr. Alle sollten in der Politik Gehör finden, sagt Fester.

Der jungen Generation geht es um „unfassbar viel“

Der jungen Generation gehe es politisch um „unfassbar viel“, sagt die 23-Jährige. Bei Themen wie dem Klimawandel hätten junge Menschen ein großes Anliegen, das zu wenig Gehör finde, sagt Fester. „Der Politik fällt es momentan noch so leicht, Forderungen zu ignorieren“, sagt sie. „Das will ich ändern.“

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Die Anliegen von jungen Gruppen wie „Fridays for Future“ oder „Seebrücke“ würden im Bundestag viel zu wenig repräsentiert, findet Emilia Fester. „Ich will der Jugend eine Stimme geben, damit sie nicht immer lauter schreien muss.“

Auch Niklas Wagener will sich im Bundestag für die jungen Leute stark machen: „Ich will da sein für junge Menschen, die politisch sind, und trotzdem das Gefühl haben, die Politik holt sie nicht ab.“ So gründet er 2014 zum Beispiel die Grüne Jugend in seiner Heimatstadt Aschaffenburg in Bayern, also die Jugendorganisation der Partei Bündnis 90/Die Grünen.

Niklas Wagener hat 2014 die Grüne Jugend in Aschaffenburg gegründet.
Niklas Wagener hat 2014 die Grüne Jugend in Aschaffenburg gegründet.

© Björn Friedrich

Politisiert wurde er durch Videodokumentationen über industrielle Tierhaltung. Dagegen wollte zusammen mit der Grünen Jugend etwas unternehmen. „Das fing an mit kleineren Aktionen“, sagt er.

So habe er mit anderen Jugendlichen in der Fußgängerzone in Aschaffenburg aufgemalt, wie viel Platz ein Tier in der industriellen Tierhaltung hat, um Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. Später trat er den Grünen bei. „Vom Grüne Jugend-Aktivismus zu Bündnis 90“, sagt er heute.

„Junge Leute sollten sich fraktionsübergreifenden austauschen“

Und von der Politik kommt er nicht mehr los. Von der Jugendorganisation geht es in den Landesvorstand der Grünen Jugend, in den Stadtrat in Aschaffenburg und nun in den Bundestag. Im Stadtrat habe er viel Erfahrung gesammelt – auch darüber, wie es ist, als junger Mensch für seine Interessen einzustehen, sagt Wagener.

Als er mit 14 in die Grüne Jugend eintritt, ist das Durchschnittsalter im Stadtrat enorm hoch. „Das jüngste Mitglied war 50 Jahre alt.“ Mittlerweile seien drei der neun Stadträte der Grünen-Fraktion unter 30, trotzdem habe er sich den Respekt der älteren Stadtratsmitglieder erkämpfen müssen.

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„Die Leute hören mir zu und wissen mittlerweile, dass das, was ich sage, auch solide ist.“ Im Wahlkampf habe sein Alter keine große Rolle gespielt, anders als bei seiner Kandidatur 2017. Da hätten ihn viele Bürgerinnen und Bürger darauf angesprochen und gesagt, er solle erstmal etwas lernen und 30 Jahre in einem Beruf arbeiten.

Für Niklas Wagener ist das kein gutes Argument: „Jemand, der 30 Jahre in einem Beruf gearbeitet hat, ist auch nicht von Haus aus qualifiziert, Politiker zu sein.“

FDP und Grüne liegen bei Jungen vorne

Im Bundestag will er nun junge Themen voranbringen, sagt der 23-Jährige. Deshalb wolle er junge Abgeordnete zusammenzubringen und gemeinsam über neuen Ideen für Deutschland diskutieren. „Junge Leute im Bundestag sollten sich quer durch die demokratischen Fraktionen untereinander austauschen“, sagt Wagener.

Junge Menschen haben bei der Wahl gezeigt, dass sie sich eine andere Politik wünschen als die der großen Koalition. Denn unter den jungen Wählerinnen und Wählern liegen FDP und Grüne trotz großer inhaltlicher Unterschiede vorne.

„So unterschiedlich FDP und Grüne auch sind, so sehr sind das beide Aufbruchsparteien“, sagt Emilia Fester. Man müsse Brücken bauen und zusammen neue Vorschläge erarbeiten. Und die Ideen würden dann auch von älteren Abgeordneten angehört werden, sagt sie. „Eines Tages wird man uns in der Politik nicht mehr ignorieren können.“

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