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Erst nach mehreren Krisensitzungen konnten sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und die FDP-Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger auf einen Kompromiss beim Thema Studiengebühren verständigen.

© dpa

Schwarz-Gelbe Koalition: Auch Bayern schafft Studiengebühren ab

Nach langen Verhandlungen gibt die FDP der CSU am Ende nach – lässt sich das aber teuer bezahlen. Es sollen Schulden getilgt werden. Außerdem soll es Geld für die Meister- und Altenpflegeausbildung, für die frühkindliche Bildung und die Universitäten geben.

Der entscheidende Satz findet sich ganz am Ende des Papiers: Bei der Landtagsabstimmung über die Abschaffung der bayerischen Studiengebühren entfalle „die Verpflichtung zur einheitlichen Stimmabgabe“. Das bedeutet, dass nach dem wochenlangen Gezerre in der CSU/FDP-Koalition die Christsozialen mit der Opposition stimmen und die Studiengebühren zu Grabe tragen dürfen – ohne dass das Bündnis damit gebrochen ist. Die Liberalen wiederum können auch abstimmen, wie sie wollen, ihr Votum ist angesichts der großen Mehrheit für die Abschaffung nicht von Bedeutung.

Es bedurfte dreier langer Krisensitzungen unter Leitung von Ministerpräsident Horst Seehofer, um das Streitthema zu beenden. Die FDP hatte auch nach dem erfolgreichen Volksbegehren gegen die Gebühr von 500 Euro pro Semester an den Abgaben festgehalten. Sie wollte es auf einen Volksentscheid ankommen lassen.

Ihr Umschwenken lassen sich die Liberalen nun mit viel Geld bezahlen. Am Samstagabend stellten Seehofer und die FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die Einigung vor: Einerseits soll eine weitere halbe Milliarde Euro Schulden im Staatshaushalt getilgt werden. Andererseits will die Staatsregierung mehr als 400 Millionen Euro zusätzlich für ein neues Bildungspaket ausgeben. Die Universitäten erhalten demnach ab Herbst die entfallenen Studiengebühren komplett erstattet. Zudem gibt es auf Wunsch der FDP Geld für die Meister- und Altenpflegeausbildung, frühkindliche Bildung und die Reduzierung der Kindergartengebühren im zweiten Jahr.

Mehr Schuldenabbau und höhere Bildungsausgaben – wer soll das bezahlen? Die Lösung der Koalition klingt einfach: Das Geld wird aus den Rücklagen genommen, und man rechnet mit höheren Steuereinnahmen. „Tricks und Täuschungen“ wirft Margarete Bause, Grünen-Fraktionschefin im Landtag, der Staatsregierung vor. Der Griff in die Rücklagen offenbare „mangelnde Seriosität“. SPD-Spitzenkandidat Christian Ude meint, einzig „die Angst um ihre Pöstchen und Dienstwagen“ halte die Koalition noch zusammen.

Mit Blick auf einen drohenden Volksentscheid und die Landtagswahl am 15. September hat sich Seehofer das Abrücken der FDP teuer erkauft. Dennoch geht er als Sieger vom Platz, den kleinen Koalitionspartner hat er wie so oft weiterhin klein gehalten. Für sich und seine CSU hat er mit den Studiengebühren den letzten großen Stolperstein vor der Wahl weggeräumt. Dass der Vor-Vorgänger Edmund Stoiber die Abgabe einst mit der absoluten CSU-Mehrheit in Bayern eingeführt hatte, scheint vergessen zu sein. Die FDP gehörte damals der außerparlamentarischen Opposition an. Mit Blick auf den September wird Seehofer nun einen Wohlfühl-Wahlkampf einläuten und einen omnipotenten weiß-blauen Freistaat beschwören, in dem es den Menschen besser geht und der alles besser macht als der Rest der Republik.

Der Opposition aus SPD, Freien Wählern und Grünen, die die Abkehr von den Studiengebühren eingeläutet hat, drohen die Wahlkampfthemen auszugehen. Gerne wollte man die CSU ein ums andere Mal bei Abstimmungen im Landtag vorführen, wenn sie aus Koalitionstreue für die Studienbeiträge und gegen ihre neue Überzeugung hätte votieren müssen. Jetzt wird es wohl nur eine Abstimmung geben, Mitte März dürften die Gebühren abgeschafft werden.

Am schwierigsten ist aber die Lage der FDP, die in Umfragen derzeit bei nur drei Prozent steht. Erst in der vergangenen Woche ist einer ihrer Landtagsabgeordneten zu den Freien Wählern übergelaufen. Nun muss die FDP begründen, warum das Umfallen kein Umfallen ist. Auf dem Landesparteitag am kommenden Wochenende dürfte darüber heftig debattiert werden, die Delegierten müssen dem Verhandlungsergebnis noch zustimmen. Matthias Fischbach, Chef der Jungen Liberalen, spricht von einer „Riesenkröte“, die die Partei schlucken solle.

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