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Politik: Schwere Beine

Ostern marschieren für den Frieden: 2003 fiel es den Deutschen leichter

Von
  • Matthias Meisner
  • Hans Monath

Von Matthias Meisner

und Hans Monath

Mobilisierungsprobleme, das ist ein so gewichtiges Wort. Kristian Golla vom Netzwerk Friedenskooperative würde es ganz gern vermeiden, wenn er über die Pläne für die Ostermärsche in diesem Jahr spricht. Das Netzwerk koordiniert die Aktivitäten der Friedensbewegung im Lande. Doch auch Golla will nicht leugnen, dass bei den Märschen in diesem Jahr weit weniger Teilnehmer erwartet werden als 2003. Er nennt dafür zwei Gründe: Zum einen hatte vor einem Jahr der Irak-Krieg begonnen. Zum anderen haben Friedensbewegung, Gewerkschaften und Globalisierungskritiker in den vergangenen Wochen gleich mehrmals zu Protesten aufgerufen: erst zum Jahrestag des Irak-Kriegs, dann wenige Tage später gegen Sozialabbau. Wie es aussieht, sind die Deutschen des Demonstrierens vorerst müde.

Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) sehen dennoch Grund zum Protest. „Es werden mehr Menschen auf die Straße gehen, um gegen die amerikanische Politik im Irak zu demonstrieren“, sagt der Vorsitzende der deutschen Sektion, Stephan Kolb, dem Tagesspiegel. Die Botschaft richte sich aber auch an die Bundesregierung: „Wir wollen sie auffordern, ihre Versprechen einzuhalten und keine deutschen Soldaten in den Irak zu schicken.“

Mehrere zehntausend Menschen nahmen an Ostern 2003 an den Anti-Kriegs-Aktionen in insgesamt 105 deutschen Städten teil. Der frühere SPD-Chef Oskar Lafontaine war der Abschlussredner der Kundgebung auf dem Frankfurter Römerberg und sprach den USA die Demokratie ab. 68 Veranstaltungen hat das Netzwerk Friedenskooperative 2004 notiert, viele nur von regionaler Bedeutung. Die Ersten marschierten bereits los, die zunächst größte Aktion fand am Karfreitag mit rund 350 Teilnehmern in Chemnitz statt.

Platzeck gegen Bombodrom

Höhepunkt der diesjährigen Ostermärsche wird am Ostersonntag die Demonstration gegen das Bombodrom im Norden Brandenburgs sein. Nachdem die SPD/CDU-regierte Landesregierung in Potsdam sich in die Gruppe der Kritiker eingereiht hat, rechnet die Bürgerinitiative „Freie Heide“ mit noch mehr Teilnehmern als im Vorjahr – und damals wurden schon rund 6000 gezählt. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) wird als Teilnehmer in Fretzdorf erwartet. Mobilisiert wird gegen das Bombodrom fast im ganzen Osten Deutschlands – und etwa aus Leipzig sind bereits Radler nach Fretzdorf unterwegs.

Unter dem Motto „Abrüstung statt Sozialkahlschlag“ ruft die Friedensbewegung in diesem Jahr zum Ostermarsch Rhein und Ruhr – drei Tage lang. Der Marsch beginnt an diesem Samstag in Duisburg, eine Fahrradetappe von Essen nach Bochum am Sonntag schließt sich an. In Berlin verdient der Beitrag zu den Ostermärschen in diesem Jahr nicht mal seinen Namen – denn es wird gar nicht marschiert. Nach der Großdemonstration gegen Sozialabbau mit rund 250 000 Teilnehmern begnügt sich die Friedenskoordination mit einer „festlichen Kundgebung“ am Ostermontag auf dem Alexanderplatz.

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