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Politik: Schwere Hungersnot im Osten Afrikas

Elf Millionen Bedürftige in Kenia, Somalia und Äthiopien brauchen Nahrungsmittelhilfe – Erste Tote

Berlin - Elf Millionen Menschen im Osten Afrikas sind von einer schweren Hungersnot bedroht. In Kenia sind seit Anfang Dezember bereits 40 Menschen an Hunger gestorben, die meisten davon Kinder. In Somalia brauchen rund zwei Millionen Menschen, in Kenia knapp drei Millionen, in Djibouti etwa 150 000 und in Äthiopien rund eine Million Menschen zusätzlich bis mindestens Mitte des Jahres Nahrungsmittelhilfe und Wasserlieferungen. Allen betroffenen Regionen ist gemeinsam, dass sie unter einer der schwersten Dürren seit Jahren leiden. Seit 2003 hat es im Norden Kenias so gut wie nicht mehr geregnet. Ähnlich dramatisch ist die Situation im Süden Somalias und Äthiopiens.

In allen betroffenen Regionen trifft die Hungerkrise vor allem Nomadenvölker. Nach Angaben des BBC-Korrespondenten in Kenia liegen überall verendete Kamele, Esel, Kühe und Ziegen herum. Auch für Somalia warnt Übergangspräsident Abdullahi Yusuf Ahmed davor, dass die Menschen ihr gesamtes Vieh verlieren könnten. Viele Wasserstellen sind ausgetrocknet. Die Hirten wissen inzwischen nicht mehr, wo sie noch nach Wasser und Nahrung für ihre Tiere suchen sollen. Im Norden Kenias, nahe der somalischen Grenze, haben in den vergangenen Wochen bewaffnete Konflikte um Wasserstellen zugenommen. Das Weltagrarprogramm (FAO) berichtet in seiner Warnung vor einer Hungersnot im Süden Somalias vom 21. Dezember 2005 über eine Zunahme von „Ressourcen-Konflikten“, die zu Flucht und Tod geführt hätten.

Die Hungerregionen haben aber noch eine Gemeinsamkeit: Die Menschen sind chronisch unterernährt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Im Norden und Nordosten Kenias leiden die Bewohner seit zehn Jahren unter sich ändernden Klimabedingungen. Dort wechselten sich Dürren und Überflutungen mehr oder weniger ab. Die Tageszeitung „Daily Nation“ zitiert die 54-jährige Beatrice Kalunda, die vor sieben Jahren zum letzten Mal eine gute Ernte eingefahren hat. Seither haben sie und ihre Familie von höchstens einer Mahlzeit am Tag gelebt – inzwischen haben sie nicht einmal mehr das. Die Bewohner sind jedoch so sehr in ihren traditionellen Lebensweisen befangen, dass sie „kaum davon zu überzeugen sind, nicht mehr Mais anzubauen“, klagt ein Agrarexperte. Dabei würden Hirse, Sorghum oder Cassava auch unter trockenen Bedingungen viel bessere Ernten abwerfen als Mais. Und auch die Viehhirten sind nicht davon abzubringen, ihre Herden selbst dann zu vergrößern, wenn es für die Tiere kaum noch etwas zu fressen gibt. Ihnen fehlt häufig jede Schulbildung und ihre einzige Vorstellung von Reichtum sind die Tiere. Wenn die Preise für Lebensmittel dramatisch steigen und der Wert der Tiere ebenso dramatisch sinkt, können sie sich nicht mehr versorgen.

In Somalia wiederum ist die Hungersnot auch nicht nur der Dürre geschuldet. Angesichts der katastrophalen Sicherheitslage im Land – seit 1991 hat Somalia keine von allen Kriegsherren anerkannte Regierung mehr – kann das Welternährungsprogramm (WFP) schon seit Monaten keine Hilfslieferungen mehr mit dem Schiff nach Somalia schicken. Mehrere WFP-Schiffe waren von Piraten geplündert und verschleppt worden. Inzwischen liefert das WFP Nahrungsmittelhilfe auf dem Landweg, was nicht nur länger dauert, sondern zudem Wegezölle kostet.

In Äthiopien wiederum sind auch ohne die neue Krisenregion im Süden rund sieben Millionen Menschen ohnehin jedes Jahr auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Trotz des chronischen Hungers wächst die Bevölkerung dort noch immer weiter, und der Regierung fehlen offenbar die Antworten darauf.

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