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Politik: Schwieriger Patient

Bei der Umsetzung der Gesundheitsreform herrscht weiter Dissens zwischen Ländern und Regierung

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Berlin - In den Verhandlungen zur Gesundheitsreform werden nun mehr und mehr die Probleme der konkreten Umsetzung klar. Nach einer Telefonkonferenz der Gesundheitsminister der unionsgeführten Länder erneuerte Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) ihre Kritik an der Gesundheitsreform. Der Arbeitsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums sei „in zentralen Punkten“ nicht von den Eckpunkten der großen Koalition gedeckt, sagte Stewens am Dienstag. Die CSU-Politikerin drohte indirekt mit einer Ablehnung der Reform, sollte das Gesundheitsministerium von den Eckpunkten abweichen: „Damit Bayern der Reform zustimmen kann, muss das Vereinbarte umgesetzt werden.“

Die Kritik der Länderminister an den Arbeitspapieren von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) kreist im Wesentlichen um die Gestaltung des Gesundheitsfonds. Ihn hatte auch der saarländische CDU-Regierungschef Peter Müller zum zentralen Streitobjekt gemacht. In den Augen der Union geht es dabei im Kern um die zulässige Höchstbelastung der Versicherten mit kassenbezogenen Zusatzbeiträgen. Diese sollen die Kassen nach der Reform erheben können, wenn der zentral festgelegte Pauschalbetrag, den sie vom Gesundheitsfonds erhalten, nicht ausreicht, um die Kosten zu decken. Die SPD drängt darauf, dass dieser Zusatzbeitrag nicht höher als ein Prozentpunkt des Einkommens sein darf, was in den Augen der Union nicht zu mehr, sondern eher zu weniger Wettbewerb führen würde.

Ein weiterer Streitpunkt – der sich quer durch beide Koalitionsparteien zieht – ist der geplante Beitragseinzug (regional oder nicht, von neuen Zentralen oder weiterhin von den Kassen). Hier gibt es eine Reihe Unklarheiten, die auch Einfluss auf die Zahlungen der anderen Sozialversicherungen haben. Bundesgesundheits- und Arbeitsministerium bestritten jedoch am Dienstag, dass sie darüber im Dissens liegen würden. Sprecher beider Häuser beteuerten, man diskutiere derzeit im Prozess der Erarbeitung eines Referentenentwurfs „auf der Basis der Eckpunkte“.

Die SPD-Fraktionsvize Elke Ferner warnte die Bundesländer: Wenn die Regierungschefs das Paket über den Vermittlungsausschuss kippen wollten, „dann wird das so nicht gehen“. Wenn das Paket aufgemacht werde, „wird es komplett wieder aufgemacht“, sagte Ferner. Nach der Schaltkonferenz Gesundheitsminister hieß es, man sehe „gewissen Klärungsbedarf“. Von einer Absage an die Eckpunkte war nicht die Rede.

Nach den heftigen Auseinandersetzungen der letzten Tage sagte der Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn dem Tagesspiegel, die große Koalition habe „die Gesundheitsreform vollständig an die Wand gefahren“. Das Land brauche Führung und kluge Reformen, „die große Koalition liefert Chaos, Murks und Verschiebung." Die jüngste Entwicklung zeige: „Die Bundeskanzlerin hat weder ihre Regierung, noch ihre Partei, noch das Verhältnis zu den Ländern im Griff. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie ändert dies, indem sie führt, oder diese Regierung kann keinen Bestand haben."

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach warf der Union vor, sie versuche, „die Gesundheitsreform nachträglich zu Gunsten der Arbeitgeber umzubiegen“. Schon die Reformen der vergangenen Jahre seien auf Kosten der kleinen Leute gegangen – „damit ist es jetzt genug“. Die Eckpunkte seien „eine einzige Enttäuschung“ und machten das System nicht zukunftsfähig. Eine Reform müsse die Finanzbasis der Kassen verbreitern. „Naturschutzparks für Besserverdienende können wir uns nicht mehr leisten.“

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