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Politik: Seehofer setzt auf die Jüngeren

Das neue Personal der CSU in München und Berlin soll den Willen zum Neuanfang demonstrieren

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Günther Beckstein hat ihn zwischenzeitlich wegschaffen lassen, aber Horst Seehofer wird ihn wieder aufstellen, den Franz Josef Strauß als Büste im Zentralbüro der Staatskanzlei. Vielleicht braucht er den Alten als Kontrastprogramm. Strauß wird nämlich fast der einzige Veteran bleiben, mit dem sich Seehofer umgibt. Schon als er sich vor Jahresfrist vergeblich um den Parteivorsitz bemüht hatte, hat Seehofer Verjüngung auf seine Fahnen geschrieben. Das Versprechen hat er jetzt eingelöst.

Am deutlichsten ist der Generationenwechsel da, wo Seehofer so gut wie freie Hand hatte – in Berlin einerseits, im Franz-Josef-Strauß-Haus andererseits. Ilse Aigner, seine Nachfolgerin im Bundesministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz, ist in der Landesgruppe in Berlin schon lange als Reservetalent verbucht. Die 43-Jährige gilt als resolut, kann Vorwissen aus ihrer Zeit als Berichterstatterin über den Agrarhaushalt vorweisen und ist zugleich doch oberbayerisch-bayerisch genug geprägt, um nicht in Bierzelt und Kuhstall unangenehm aufzufallen. Das ist wichtig. Die CSU hat bei der Landtagswahl unter den Bauern noch mehr verloren als sonst.

Aus dem Pool der jungen Talente in der Landesgruppe kommt auch Seehofers Generalsekretär. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg ist bisher vor allem als frei- und feinsinniger Außenpolitiker aufgefallen. Dass er einst im offenen Kampf gegen den Favoriten den Bezirksvorsitz in Oberfranken eroberte, zeigt freilich auch: Der gerade erst 36-Jährige hat ein Gespür für Machtverhältnisse; und ein Zögerer ist er nicht.

In Berlin und in der Parteizentrale also die Jugend an die Macht – in München aber auch. Seehofers Kabinettsliste jedenfalls – in Eile und nicht ohne Streit mit der Fraktionsführung zusammengestellt – führt Altvordere wie Christa Stewens, Thomas Goppel, Eberhard Sinner und Josef Miller nicht mehr auf. Sie waren ihm zu verbraucht. Ihr Amt behalten Justizministerin Beate Merk und Innenminister Joachim Herrmann, Bildungsminister Siegfried Schneider – als Oberbayern-Bezirkschef an Seehofers Aufstieg maßgeblich beteiligt – wird Staatskanzleichef.

Ansonsten setzt Seehofer auf einen Anfang mit der Generation 40 plus. Nur einer aus der alten Garde hätte es fast noch mal geschafft. Seehofer wäre es nicht unrecht gewesen, wenn Huber – als wandelndes Lexikon der CSU-Geschichte und erprobter Machttaktiker – den Fraktionsvorsitz übernommen hätte. Da hat sich aber Amtsinhaber Georg Schmid widersetzt, der partout kein Ministerium als Ersatz übernehmen wollte. Um frühzeitigen Ärger mit der Landtagsfraktion zu vermeiden, lässt Seehofer auf diesem Posten die Dinge also so, wie sie waren.

Auch eine zweite Besetzung kam zustande, um Ärger zu vermeiden, diesmal regionalpolitischen. In einer von Oberbayern überdeutlich geprägten Regierungsmannschaft wollten nämlich auch die Niederbayern repräsentativ vertreten sein. Dafür sorgt nun Helmut Brunner, Jahrgang 1954, als Agrarminister. Der Oberbayer Marcel Huber darf sich dafür mit dem seltenen Titel des Ministers in spe für wenige Stunden schmücken – und wird zum Trost Staatssekretär im Kultusministerium.

Doch abseits solcher Zwänge hat Seehofer auch seiner Kabinettsmannschaft unübersehbare Verjüngungssignale gesetzt. Dass Georg Fahrenschon neuer Finanzminister wird, hat dabei niemanden überrascht – Fahrenschon galt bereits zu seiner Berliner Abgeordnetenzeit als fachlich brillant und politisch hellwach. Christine Haderthauer an der Spitze des Sozialministeriums war hingegen nicht unbedingt zu erwarten – schließlich ist sie als forsche Generalsekretärin für die jüngsten Niederlagen mitverantwortlich.

Absehbar dann wieder der Aufstieg des Markus Söder. Erstens, weil selbst seine Gegner ihm politische Begabung bescheinigen, zweitens weil er sich früh an Seehofers Seite geschlagen hat. Dass er, drittens, ein eigens erweitertes Umweltressort bekommt, gibt ihm Gelegenheit, seine Generalsekretärsthese von den konservativen Wurzeln der Ökologie zu belegen. Sein altes Amt als Europaminister übernimmt – auch frauenquotenhalber – Emilia Müller, das Kultusressort der Münchner Ludwig Spaenle. Nicht zum Zuge kamen zwei der jüngeren Bezirkschefs: Markus Ferber und Manfred Weber. Aber „mehr Neuanfang“, resümierte Seehofer, bevor er die Fraktion unterrichtete, mehr Neuanfang sei „nicht möglich“ gewesen.

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