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Politik: Sein Herz ist stark

Dem Papst geht es nicht schlechter, betont der Vatikan. Doch die Kardinäle diskutieren längst über seine Nachfolge

Vor einer Woche hatte er noch wegen Krankheit abgesagt. Diesmal hielt Johannes Paul II. seine traditionelle Mittwochsaudienz auf dem Petersplatz ab – wider Erwarten. Als am Dienstagabend das vatikanische Pressebüro die Nachricht bekannt gab, dass der Papst seine Audienz abhalten werde, atmeten tausende Pilger auf, die eigens dafür nach Rom gekommen waren. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen RAI strahlte die Generalaudienz live im Fernsehen aus. Viele Italiener schalteten ein, um sich direkt über den Zustand ihres „papa“ zu informieren.

Johannes Paul II. zeigte sich ein wenig erholt. Seine Grußbotschaft an die anwesenden Gläubigen sprach er in deutlich vernehmbaren Worten. Immer wieder hob er seinen Kopf und blickte in die Menge, ein Verhalten, das Vatikanexperten wie Sandro Magister vom Wochenmagazin „L’Espresso“ als „Zeichen für eine Besserung seines Gesundheitszustandes“ deuten.

Großes Aufsehen hatte am Dienstag in Rom die Nachricht erregt, wonach der Kurienkardinal Josef Ratzinger, Präsident der Glaubenskongregation, der „Bunten“ ein Interview zum Gesundheitszustand des Papstes gegeben habe. In diesem Interview sei davon die Rede gewesen, dass Ratzinger die Gläubigen aufgefordert habe, für den Papst zu beten. Solche Worte aus dem Mund eines der in Papstangelegenheiten verschwiegensten Kardinäle der römischen Kurie schienen alle Sorgen um Johannes Paul II. zu bestätigen.

Am nächsten Tag war man im Vatikan um Schadensbegrenzung bemüht: Der Gesundheitszustand des Papstes sei unverändert, hieß es. Ratzinger habe der „Bunten“ gar kein Interview gegeben, sagte dessen Privatsekretär Monsignore Georg Gänswein. Während eines Essens mit Bierbrauern aus Regensburg vor zwei Wochen in Rom wurde Kardinal Ratzinger auch nach dem Befinden des Papstes befragt. Der katholische Würdenträger antwortete darauf mit dem Satz, dass man für den Papst beten solle. Dieser Satz werde oftmals auch im Anschluss an Gottesdienste ausgesprochen und ist Teil vieler Gebete, hieß es nun beschwichtigend im Vatikan. Gänswein betonte, Ratzinger habe „mehr oder weniger das zum Ausdruck gebracht, was jeder mit seinen Augen sehen kann“. Das sei aber keineswegs in einer Weise gesagt worden, die besondere Beunruhigung auslösen sollte.

Unter den Kardinälen hat die Nachfolge-Diskussion längst begonnen. Einige „papabili“, wie die möglichen Nachfolger genannt werden, bemühen sich offenbar schon um ihre wahlberechtigten Kollegen. Die sollen sich dann beim Konklave für sie einsetzen. Der Papst hatte in der vergangenen Woche 31 neue Kardinäle berufen – ein Schritt, der eigentlich erst für den Februar kommenden Jahres geplant war. Außerdem war bekannt geworden, dass der Papst keine Auslandsreisen mehr unternehmen will.

Aber noch ist an eine Nachfolge nicht zu denken. Ärzte aus der Mediziner-Equipe des Papstes berichteten unterdessen, dass es ihrem Patienten wieder besser gehe. Sie verweisen zwar darauf, dass Johannes Paul II. verstärkt unter den Folgen der Parkinson-Krankheit leide, dass sein Herz aber stark sei. „Solange sein Herz stark ist“, meint auch Vatikanexperte Marco Politi von „La Repubblica“, „kann er noch lange regieren“.

Am kommenden Dienstag will der Papst die Ruinenstadt Pompeji besuchen. „Mit Gottes Willen mache ich diese Pilgerreise.“

Thomas Migge[Rom]

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