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Vertrackte Lage. Giorgos Papandreou hat dieser Tage gesagt, er klebe nicht an seinem Stuhl. Trotzdem will er helfen, Probleme des Landes zu lösen. Foto: Louisa Gouliamaki / AFP

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Politik: Sein Marathon

Den Kampf ums eigene politische Überleben hat Griechenlands Premier Giorgos Papandreou am Sonntagabend verloren

Als der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou am späten Sonntagnachmittag das Parlamentsgebäude betrat, da war noch nicht abzusehen, ob es vielleicht die letzte Sitzung unter seiner Leitung sein würde. Im Verlauf des Tages war das Gerücht aufgekommen, Papandreou stehe kurz vor einem Rücktritt. Zwar gab es dafür keine offizielle Bestätigung, doch war die Anspannung in Athen und im ganzen Land so groß, dass Rundfunk- und Fernsehsender die Schritte Papandreous ganz genau verfolgten und kommentierten.

Dabei hieß es auch, Opposition und Regierung hätten sich bereits kurz vor Beginn der Sitzung auf Pläne geeinigt, wie Griechenland vor dem Bankrott zu bewahren sei. Einzige Streitfrage zwischen Sozialisten und Konservativen schien noch zu sein, ob Papandreou vor oder nach einer Vereinbarung für das Programm und die Dauer der Amtszeit der Übergangsregierung zurücktreten solle.

„Ich bin entschlossen zu helfen“, sagte Antonis Samaras, der Chef der Opposition. „Sobald Herr Papandreou zurücktritt, werden die Dinge ihren Weg nehmen.“ Offen war zunächst, ob Samaras an seinen bisher aufgestellten Bedingungen festhält, dass die Übergangsregierung lediglich aus parteilosen Technokraten bestehen und nur bis Anfang Dezember amtieren soll. Nach den Vorstellungen der Sozialisten hingegen soll das neue Kabinett bis Ende Februar regieren, um die Umsetzung des neuen Rettungspakets auf den Weg zu bringen.

In Athener Regierungskreisen hieß es bereits am Nachmittag, Ministerpräsident Papandreou werde zurücktreten, sobald sich die Parteien auf einen Nachfolger geeinigt haben. Damit wurde noch am Sonntagabend gerechnet. Es wurde erwartet, dass die gesamte Regierung zurücktreten werde.

Zwar hatte das griechische Parlament in der Nacht zum Samstag mit den Stimmen der sozialistischen Regierungsfraktion Papandreou das Vertrauen ausgesprochen. Doch zeichnete sich schon vor dem Votum das Ende der Ära Papandreou ab. Mehrere Abgeordnete forderten für ihr Vertrauen, Papandreou müsse den Weg für die Bildung einer Koalition freimachen. Der Premier versicherte vor der Abstimmung im Parlament, er klebe nicht an seinem Sessel und sei bereit, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um eine Lösung zu finden.

Giorgos Papandreou selbst hatte die politische Krise ausgelöst, als er am vergangenen Montag überraschend eine Volksabstimmung über das Ende Oktober beim EU-Gipfel verabschiedete neue Euro-Rettungspaket ankündigte. Es sieht neue Hilfen von 100 Milliarden Euro für Griechenland vor sowie einen Verzicht der privaten Gläubiger auf 50 Prozent ihrer Forderungen. Mit seinem geplanten Referendum stieß Papandreou aber nicht nur bei den europäischen Partnern, sondern auch in der eigenen Partei auf scharfe Kritik. Finanzminister Evangelos Venizelos bezeichnete die Idee seines Chefs als Unsinn. Eine Volksabstimmung sei „das Letzte, was Griechenland jetzt braucht“. Also gab Papandreou dem Druck schließlich nach und verzichtete auf das Referendum.

Eine am Sonntag veröffentlichte Umfrage zeigt, dass Papandreou auch in der Öffentlichkeit immer weiter an Rückhalt verloren hatte. Nur noch 13 Prozent der griechischen Bürger trauten ihm zu, dass er mit der Krise fertig werden kann. Lediglich 14 Prozent der Befragten sind für eine Volksabstimmung, zwei Drittel fordern stattdessen Neuwahlen.

Die wachsende Verdrossenheit der Öffentlichkeit mit der Regierung Papandreou und die Sorge vor einer Eskalation der Finanzkrise spiegelte sich auch in den Schlagzeilen der griechischen Sonntagszeitungen: „Machtspiele zwischen Euro und Drachme“, titelte die Zeitung „To Vima“. Das Blatt „Kathimerini“ kam mit der Schlagzeile „Feilschen auf der Titanic“ an die Kioske. Die Zeitung „Eleftherotypia“ warnte in großen Lettern vor einer „Rückkehr ins Chaos“.

Die neue Regierung, um deren Bildung am Sonntag noch gerungen wurde, wird vor allem vor der Aufgabe stehen, einen drohenden Zahlungsausfall des Landes abzuwenden. Die internationalen Geldgeber hatten die in Athen dringend benötigte Kreditrate von acht Milliarden Euro als Reaktion auf Papandreous Pläne für ein Volksreferendum ausgesetzt. Papandreou hatte die Idee damit begründet, dass Demokratie und somit auch die Befragung des Volkes zur Tradition Griechenlands gehöre.

Die internationalen Kreditgeber wollen die Hilfsgelder erst dann auszahlen, wenn das griechische Parlament das neue Rettungspaket gebilligt und seine Umsetzung auf den Weg gebracht hat. Bleiben die Gelder aus, droht Griechenland noch vor Weihnachten die Zahlungsunfähigkeit.

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