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Exklusiv

Seit 2007: Staat zahlt Opfern rechter Gewalt rund 500.000 Euro

Wer Opfer rechter Attacken geworden ist, darf auf Entschädigung hoffen. Offen bleibt, warum deutlich weniger Opfer rechter Gewalt eine Entschädigung beantragen, als die Polizei in den Kriminalstatistiken ausweist.

Von Frank Jansen

Das Bundesamt für Justiz hat von 2007 bis zum Oktober 2010 insgesamt 472.805 Euro an Personen gezahlt, die von Rechtsextremisten geschlagen oder auf andere Weise attackiert wurden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Demnach zahlte das Bundesamt im Jahr 2007 insgesamt 78.200 Euro so genannter Härteleistungen an Opfer rechter Gewalt. Im Jahr 2008 waren es 105.450 Euro, im Jahr 2009 sogar 234.210 Euro und in diesem Jahr, bis zum Oktober, 54.945 Euro.

Den höchsten Einzelbetrag, 75.000 Euro, erhielt ein Opfer, das seit einem rechten Angriff gelähmt ist. Eine Person, die ein Schädeltrauma und eine schwere Augenverletzung erlitt, bekam 20 000 Euro. Das Kind einer Mutter, die von einem Rechtsextremisten getötet wurde, erhielt 15.000 Euro. Das Bundesamt zahlte auch kleine Summen aus, wenn die rechten Angriffe weniger gravierend waren. So erhielten Personen, die beleidigt und nur leicht verletzt wurden, zwischen 100 und 200 Euro.  Einen Teil des Geldes konnte der Staat durch „Geltendmachen von Regressen gegenüber den Tätern“ wieder hereinholen. Von 2007 bis Oktober 2010 entrichteten rechtsextreme Kriminelle, teilweise freiwillig, 204.672 Euro.

In der Antwort der Bundesregierung finden sich auch Angaben zu den Anträgen auf Entschädigung, die Opfer rechter Angriffe gestellt haben. Die Zahlen reichen zurück bis ins Jahr 2001, als der Bundestag mit dem damaligen Haushaltsgesetz den Opfern rechtsextremer Attacken die Möglichkeit auf Anträge eröffnete. Bis Anfang November 2010  wurden insgesamt 1261 Anträge gestellt, in 875 Fällen (bis Ende 2009) erfolgten auch Zahlungen. Die meisten Anträge wurden bislang in Brandenburg gestellt (313), das passt zu den regelmäßig hohen Zahlen rechter Gewaltdelikte in dem Land. In Berlin stellten Opfer rechter Angriffe 111 Anträge auf Härteleistungen. Die wenigsten Anträge gab es in Hamburg (fünf) und Bremen (einer), im Saarland keinen einzigen. Wie viel Geld die Opfer rechter Gewalt von 2001 bis 2006 erhielten, dem Jahr vor der Gründung des Bundesamtes für Justiz, steht in der Antwort der Regierung allerdings nicht.

Offen bleibt, warum deutlich weniger Opfer rechter Gewalt eine Entschädigung beantragen, als die Polizei in den Kriminalstatistiken ausweist. So wurden im vergangenen Jahr knapp 1000 Menschen bei rechten Angriffen verletzt, doch im Bundesamt für Justiz gingen nur 125 Anträge ein. Die Gründe seien nicht bekannt, schreibt die Bundesregierung.

Opfer linker Gewalt, die eine Härteleistung beantragen, gibt es bislang nicht. Obwohl seit Januar 2010 der Kreis der Anspruchsberechtigten auf Opfer extremistischer Attacken insgesamt erweitert ist, seien „keine Anträge auf Bewilligung einer Härteleistung betreffend andere als rechtsextremistisch motivierte Übergriffe eingegangen“, heißt es in der Antwort der Regierung. Zu einer Erklärung sieht sie sich nicht in der Lage, da „noch keine gesicherten Erkenntnisse“ vorlägen. Der Etat des Bundesamtes für Justiz ist allerdings in diesem Jahr um 700.000 Euro auf eine Million aufgestockt worden, um auch Opfer linksextremer und islamistischer Gewalt entschädigen zu können. Im vergangenen Jahr hatte die Polizei bundesweit etwa 800 Opfer linker Gewalt registriert.

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