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Politik: Seiteneinsteiger Nummer zwei

Der einstige Siemens-Vorstand Heinrich von Pierer soll Angela Merkel in Wirtschaftsfragen beraten

Von Matthias Schlegel

Berlin - Die Agenda 2010 müsse um die Themen Innovation und Bildung erweitert werden. Der das im Jahr 2003 sagte, hat möglicherweise bald die Chance, der Politik seine ganz eigene Agenda schmackhaft zu machen. Heinrich von Pierer, Aufsichtsratschef von Siemens, dort langjähriger Vorstandsvorsitzender, soll künftig trotz seiner guten Kontakte zu Noch-Bundeskanzler Gerhard Schröder allerdings nicht eine SPD-, sondern eine unionsgeführte Regierung in wirtschaftlichen Fragen beraten.

Knapp zwei Wochen ist es her, dass Kanzlerkandidatin Angela Merkel mit dem Verfassungsrechtler und Steuerexperten Paul Kirchhof einen reformfreudigen Seiteneinsteiger ins Wahlkampfteam holte. Nun zieht Merkel mit von Pierer ihre zweite personalpolitische Trumpfkarte – und lenkt damit ausgerechnet einen Tag vor dem SPD-Parteitag die öffentliche Aufmerksamkeit ein weiteres Mal auf die Union und ihren Wahlkampf.

Der neue Mann, der als einer der angesehensten deutschen Manager gilt, hat am Dienstag gleich ein volles Programm zu bewältigen: Nicht nur, dass sich der 64-Jährige bei seiner Vorstellung den Fragen der Journalisten nach seiner wirtschaftspolitischen Prioritätenliste stellen muss. Bei einem gemeinsamen Besuch mit der Kanzlerkandidatin bei Berlin-Chemie, einem einstigen DDR-Vorzeigeunternehmen, das seit 1992 dem italienischen Pharmakonzern A. Menarini gehört, wird gleich ein Stück Teamwork geprobt: Neben Merkel und von Pierer gehen auch Peter Müller und Annette Schavan durch die Unternehmensräume – ein Zeichen dafür, dass die CDU-Chefin den neuen Berater künftig eng mit den für Wirtschaft und für Forschung zuständigen Mitgliedern in ihrem Wahlkampfteam zusammenspannen will.

Von Pierer sei ein „Topmanager“, der „knallhartes Konkurrenzdenken, scheinbare Gelassenheit und die Entschlossenheit, mit Menschlichkeit und Bescheidenheit erfolgreich zu sein“, verbinde, sagte einmal Peter Sutherland, Chairman der Investmentbank Goldman Sachs, über den Mann, der immer wieder von den Parteien umworben wurde. Die Schröder-Regierung berief ihn 2003 zu ihrem Asienbeauftragten, bei der Union war er als ein Kandidat für das Bundespräsidentenamt im Gespräch. Bis 1990 war er CSU-Stadtrat in seiner Heimatstadt Erlangen.

Schon 1969 war er in die Siemens AG eingetreten. 1989 stieg er in den Vorstand des Unternehmens auf. Von 1992 an führte von Pierer zwölf Jahre lang den Vorstand des größten europäischen Elektronikkonzerns, den er flexibler und produktiver machte – der Umsatz wurde verdoppelt, der Gewinn vervierfacht. Immer wieder mahnte er, Deutschland müsse sich den internationalen Herausforderungen von „high tech“ und „low cost“ stellen. Es gehe nicht darum, so lange zu arbeiten oder so wenig zu verdienen wie in China, sondern um flexiblere Arbeitszeiten und mehr betriebliche Gestaltungsmöglichkeiten.

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